Einleitung
Nach kurzem Abschnitt über Vorbereitung und Planung folgt ein Detailbericht
über die 2 Reisemonate. Bei diesem Bericht wurden einige unspektakuläre Tage
nur mit zwei drei kurzen Sätzen dokumentiert, damit Platz blieb für die
wirklich spannenden Storys dieser Reise.
Planung
Zwischen Studium und Beruf hätte die bisher mit Abstand grösste Reise meines Lebens stattfinden sollen. Schon seit Jahren hatte ich dabei an China gedacht. Leider waren pandemiebedingt auch diese Pläne mal wieder ins Wasser gefallen. So war ich einmal mehr damit gefordert gewesen eine Alternative zu finden.
Seit Februar hatte ich wieder zahlreiche Einreisebestimmungen der halben Welt studiert und verfolgt. Doch das Ganze hatte sich sehr ernüchternd gestaltet. Vor allem ausserhalb Europas hatte sich, was die Reisebestimmungen anbelangte, so gut wie nichts verändert. Respektive hielten die meisten Länder ihre Landesgrenzen für touristische Reisen weiterhin geschlossen.
Doch es hatte auch Ausnahmen gegeben und so war schnell Mexiko ins Auge gefasst worden, da es ein grosses interessantes Land ist, ohne jegliche Einreisehürden. Zudem hatten während meiner Planungsphase noch zwei Staaten Zentralamerikas ihre Landesgrenzen für Touristen wieder geöffnet, was somit eine Weiterreise von Mexiko bis nach Panama theoretisch möglich machte.
10 Wochen vor der Reise hatten dann die Vorbereitungen auf das grosse Projekt begonnen. Hauptsächlich bestanden diese aus Spanisch lernen. Auch hatte ich mich täglich über die aktuellen Einreisebestimmungen der USA informiert. Eigentlich hatte ich nämlich von den Vereinigten Staaten aus starten wollen, da eine Anreise massiv einfacher und günstiger gewesen wäre.
3 Wochen vor dem geplanten Reisestart hatte ich dann aber meine Hoffnung auf die eigentlich längst überfällige Öffnung der Staaten definitiv begraben müssen. So blieb mir nichts anderes übrig, als einen relativ teuren Flug mit zwei Zwischenlandungen in die nördlichst gelegene Stadt Mexikos Tijuana zu buchen.
Am 17.6.2021 war es dann so weit. Mein bisher grösstes und längstes Projekt konnte starten.
Tag 1
Mit noch schummrigem Kopf, wegen des stattgefundenen Schlussapéros in meiner Firma am Vorabend, fing ich an diesem Samstagmorgen schon früh an, die letzten Sachen zu organisieren und zu packen. Ich war ein wenig unter Zeitdruck, denn bis am Vortag hatte ich noch voll gearbeitet und hatte noch zu wenig erledigt. Mit anderen Worten hatte ich das Packen ein wenig auf die leichte Schulter genommen und war nun mächtig im Stress. Als ich auch noch bemerkte, dass mein mit Mühe über Wochen gesammeltes Verpackungsmaterial für die Polsterung des Velos irrtümlicherweise entsorgt worden war, kam ich schon das erste Mal an die nervlichen Grenzen, bevor die Reise überhaupt angefangen hatte.
Glücklicherweise konnte neues Verpackungsmaterial organisiert werden und so war es mir möglich mein Velo am frühen Nachmittag gut geschützt in einer Kartonschachtel verstauen. Kurz nach 16:00 Uhr ging es dann mit dem Auto zum Flughafen Zürich. Beim Check-In lief zum Glück alles problemlos und so stand der enorm langen und mühsamen Reise zum Startort meiner Tour nichts mehr im Wege.
Nach einem letzten Winken zurück zu meiner Familie ging es durch die Sicherheitskontrollen und bald sass ich auch schon im Flieger. Die 8-wöchige Zentralamerika-Reise konnte beginnen.
Als wir in Madrid landeten, holte ich mir zuerst mal etwas zu knabbern, denn ohne Service war ich auf dem Flug fast verhungert. Nach kurzem Aufenthalt ging es dann um Mitternacht weiter mit einem Airbus A350 nach Mexico City.
Tag 2
9’300 Flugkilometer und 10.5 Stunden Flugzeit lagen vor mir.
Der Nachtflug gestaltete sich massiv ungemütlicher, als erwartet. In der Mitte der mittleren Sitzreihe sitzend, versuchte ich irgendwie eine angenehme Schlafposition zu finden, was gar nicht einfach war. Zudem herrschte eine eisige Kälte und die flimmernden Bildschirme überall machten das Einschlafen auch nicht einfacher. Schlussendlich fand man dann aber, dank richtiger Anwendung der Decke doch noch ein wenig Schlaf.
Es war wirklich ein selten langer Flug gewesen und ich war froh meine eingerosteten Glieder um 3:30 Uhr Ortszeit endlich wieder aus dieser kühlen Sardinenbüchse befreien zu können. Nach langwierigen Einreiseprozeduren und der erfolgreichen Aufgabelung meiner nun halb demolierten Kartonschachtel machte ich mich auf die Suche nach einem Schalter von Aeromexico. Da ich die gesamte Strecke bis Tijuana nicht in einem Schritt hatten buchen können, musste ich in Mexico City mein Gepäck in Empfang nehmen und danach erneut aufgeben. Als ich mich bei einem Sicherheitsbeamten auf Englisch erkundigte, konnte man mir nicht helfen. So versuchte ich bestmöglichst anzuwenden, was ich in den letzten Wochen gelernt hatte und packte mein gelerntes Spanisch aus. Es war zwar eine holprige Geschichte, doch konnte ich verstehen, dass ich mit einem roten Bus ins 5 Kilometer entfernte Terminal 2 verschieben müsse.
Dank der Hilfe von weiteren Personen schaffte ich dann schliesslich den Transit zum genannten Terminal. Die Kartonschachtel war schon in so schlechtem Zustand, dass die mexikanische Fluggesellschaft sie erst nach der horrend teuren Einwrapp-Aktion von 2 jungen Herren, annehmen wollte.
Nach der Aufgabe meines Sportgepäcks war es 6:00 Uhr morgens und da mein Flieger erst um 9:20 Uhr abfliegen würde, war mal wieder warten angesagt. Seitdem ich den Flughafen Zürich am Vortag betreten hatte, waren nun schon 20 Stunden vergangen. Die Lust auf die bevorstehende Wartezeit und den 3. und letzten 3 Stunden dauernden Flug sank somit in den Keller. Doch auch diese Zeit wurde irgendwie überstanden und so landete ich schliesslich um 10:30 Uhr Ortszeit in der Stadt Tijuana, ganz im Norden Mexikos, welche unmittelbar an die USA grenzt.
Nachdem ich kurz die WCs aufgesucht hatte, ging ich zum Gepäckband, um nach meinem Velo Ausschau zu halten. Ich musste nicht lange danach suchen. Diese Schlaumeier vom Flughafen hatten meine sperrige Kartonschachtel einfach auf das normale Gepäckförderband geladen und nun verstopfte diese die Ankunft der restlichen Koffer. So kletterte ich also auf die Maschine und hievte die Schachtel hinunter, damit meine Fluggenossen auch mal noch zu ihren Koffern kommen konnten. Das Velo hatte den Transport geschafft. Nun hoffte ich einfach, dass es auch heil geblieben war.
Ein wenig Abseits vom Trubel der Leute machte ich mich und mein Gefährt fahrtüchtig. Auf den ersten Blick schien am Velo alles in Ordnung zu sein. Eine Stunde später war ich dann abfahrbereit. Bevor ich dann ins Freie trat, gab es noch ein Startfoto mit Transportkiste und Verpackungsmaterial.
Ich hatte mir im Vornherein schon mehrmals überlegt, was ich mit dem ganzen Verpackungs-Abfall machen sollte, doch dieses Problem löste ich auf einfache Art: Ich liess alles einfach stehen und liegen und schob mein Velo gemütlich zum Ausgang.
Mir war in diesem Moment gar nicht bewusst, was eigentlich vor mir lag. 6’250 Kilometer war einfach eine Zahl, unter welcher ich mir nicht viel vorstellen konnte. Würde ich aber von Zürich starten und diese Strecke zurücklegen, käme ich damit theoretisch bis nach Dubai (Arabische Emirate), Ashgabat (Turkmenistan) oder Conakry (Guinea). 8 Wochen Fahrt hatte ich vor mir. Somit ergab das ein Tagessoll von 112 Kilometern. Ich war ready für das grösste Projekt meines Lebens. Die Reise nach Panama City konnte starten.
Als ich aus dem Flughafengebäude trat, wurde ich von einem blauen Himmel und relativ angenehmen Temperaturen begrüsst. Die ersten paar Kilometer führten unmittelbar der US-amerikanischen Grenze entlang, welche durch einen massiven, ca. 6 Meter hohen, rostigen Grenzzaun nicht zu übersehen war. Die mexikanische Bundesstrasse war in gutem Zustand und führte langsam aufwärts durch die armen Vorstadtsviertel der Grenzstadt Tijuana.
Das Terrain stieg bald stärker an und zusammen mit der Hitze und dem grossen Verkehrsaufkommen war die Startfreude schon bald verflogen. Mit meiner schweren Ausrüstung kam ich zudem nur im Schneckentempo voran. Auch brannte die starke Nachmittagssonne erbarmungslos auf mich nieder. Die Hitze war aber nicht mein einziges Problem. Mit der Zeit wurde mir auch leicht übel, ich bekam einen heissen Kopf und ich fühlte mich schlapp. Die lange Reise und die nun plötzliche körperliche Leistung in der neuen Umgebung machten meinem Körper mehr zu schaffen als erwartet. Zudem war ich noch überhaupt nicht im Modus.
Eigentlich hätte ich es verhindern wollen schon die erste Nacht in diesem bekanntlich nicht gerade sicheren Gebiet in meinem Zelt zu übernachten, doch darauf schien es hinaus zu laufen. Um 19:30 Uhr verschwand die Sonne am Horizont. Endlich Mir war zwar immer noch leicht schlecht, aber wenigstens wurden die Temperaturen nun angenehm kühl. Zudem hatte ich auch schon mehrere hundert Meter an Höhe gewonnen, was temperaturtechnisch auch in meine Hände spielte.
Bald schon suchte ich fieberhaft nach einer Übernachtungsmöglichkeit, denn es wurde schnell dunkel. Bei letztem Tageslicht verliess ich die Strasse. Ich manövrierte mein Velo vorbei an ein paar mageren Sträuchern bis ich ein geeignetes ebenes Plätzchen fand. Ich hoffte einfach, dass niemand dieses Manöver verfolgt hatte, denn dies hätte fatale Folgen haben können. So schnell es ging, richtete ich mein Schlaflager ein und ass noch ein paar Oliven, bevor ich komplett erschöpf in mein Zelt sank.
TIJ Airport - Colonia Luis Echeverría (70km)
Tag 3
Meine neue Matte war zwar sehr bequem, dennoch wurde mein Schlaf immer mal wieder von ein paar extrem lauten Lastwagen gestört.
Um 5:00 Uhr läutete mein Wecker. Heute wollte ich unbedingt die 100 Kilometer entfernte Stadt Mexicali erreichen. Die Temperaturen in meiner Tageszielstadt würden am Nachmittag bis auf extreme 44 Grad klettern, und so war ein frühes Losfahren von Vorteil.
Die Sonne war zwar gerade aufgegangen, doch jetzt schon war es trotz Fahrtwind warm. Die Strasse stieg weiter an vorbei an kargem Buschland. Mit ein wenig Musik in den Ohren waren es angenehme Kilometer.
Um 9:00 Uhr erreichte ich dann mit 1300 M.ü.M den höchsten Punkt des Tages. Wenig später ging ich noch einkaufen, um mich wassertechnisch auf die verbleibenden 60 Kilometer vorzubereiten. Es herrschte jetzt schon eine unglaubliche Hitze. Dies machte mir wirklich Sorgen. Vor mir lag nämlich noch ein Abstieg von 1000 Höhenmeter. Zudem würden die Temperaturen im Verlauf des Tages noch deutlich ansteigen.
Die Bundesstrasse mündete wenig später in die Autobahn. Es war die einzige Strasse nach Mexicali und so wurde ich trotz grossem Veloverbotsschild beim Mautgebäute durchgewinkt. Nun ging es bergab. Die Landschaft war wie verwandelt. Riesige bis zu 10 Meter grosse Steine waren überall, wohin man schaute. Solch ein Landschaftsbild war mir noch nie begegnet.
Bald hatte ich einen mega Ausblick auf die vor mir liegende Ebene.
Auf dieser spektakulär in den Fels gebauten Strasse ging es weiter abwärts. Mit jeder Kurve wurde es heisser. Ich fühlte mich mit dem starken Fahrtwind, wie in einem Ofen mit Umluft. Je mehr ich an Höhe verlor, desto kleiner wurden auch die unzähligen Steine um mich herum. Als diese dann nur noch die Grösse von Sandkörnern hatten, erreichte ich schliesslich den Talboden, welcher nur wenige Meter über Meer liegt. Die Bedingungen waren wirklich extrem. Man muss es sich so vorstellen, als hätte man an einem heissen Sommertag sein Auto irgendwo an der prallen Sonne für mehrere Stunden stehen gelassen und würde danach einsteigen. Genau so fühlte es sich an. Einfach, dass die Sonne mir noch gnadenlos auf den Nacken brannte, und ich mich zudem noch sportlich betätigen musste.
Die ersten paar Minuten waren noch aushaltbar, doch schon bald fing ich an, die Kilometer zu zählen. Ich versuchte so viel Wasser zu trinken, wie nur irgendwie möglich. Dies war gar nicht erfrischend, denn das Wasser in meiner Flasche hatte mittlerweile Tee-Temperatur erreicht.
So rollte ich also durch die sengende Hitze nach Mexicali. Schon bald lief mein Körper am Limit. Ich hatte das Gefühl, dass die maximale Schwitz-Leistung erreicht war und dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis ich einen Hitzeschlag erleiden würde. Doch es war ja nicht mehr weit und so riss ich mich zusammen. Um 12:00 Uhr verblieben noch gut 20 Kilometer. Immer wieder musste ich Trink- und Flaschen-Füll-Pausen einlegen und da es keine Bäume gab, musste dies meist an der prallen Sonne durchgeführt werden.
Um 13:20 Uhr zeigte mir Google Maps noch 8.1 verbleibende Kilometer an. Ich schob die Krise und wollte einfach nur noch raus aus dieser brutalen Hitze. Ein Wunder, dass mein Handy überhaupt noch funktionierte bei diesen Temperaturen. Mein Körper dagegen schien langsam den Geist aufzugeben. Mir war schon leicht übel und ich hatte eine heisse Birne. Die letzten Kilometer verlangten mir nochmals alles ab. Die Strassenkreuzungen, an denen ich an Rotlichtern warten musste, waren am schlimmsten. Kurz vor 14:00 Uhr rettete ich mich dann endlich in die kühle Hotelhalle. Draussen herrschten nun 42 Grad. Noch nie in meinem Leben hatte ich nur annähernd solch eine extreme Hitze erlebt ausser vielleicht mal in der Sauna.
Als ich in mein Zimmer kam, musste ich zuerst mal das Fenster öffnen, denn es kam mir vor, als wäre ich gerade in eine Kühltruhe hinein getreten. Da mir immer noch leicht übel war, legte ich mich gleich ins Bett. Eigentlich hätte ich nur kurz ein Nickerchen machen wollen, doch als ich aufwachte, war es draussen schon dunkel. So verliess ich um 21:15 Uhr das Hotel um noch irgendwo Einkäufe zu erledigen. Als ich meinen Fuss vors Hotel setzte, wehte mir keine kühle abendliche Brise ins Gesicht. Nein, es war immer noch unglaublich heiss - 37 Grad gemäss Google Wetter. Nach erfolgreich abgewickelten Einkäufen und gediegener Speise im Hotel aktualisierte ich noch den Bericht und ging erst nach Mitternacht definitiv zu Bett.
Colonia Luis Echeverría - Mexicali (105Km)
Tag 4
Um 5:20 Uhr startete ich in die nächste Etappe. Es herrschten zwar schon 30 Grad aber dies war vergleichsweise angenehm. Zudem verdeckten glücklicherweise Wolken die Sonne und so rollte ich zusammen mit diversen anderen Fahrzeugen ohne körperliche Probleme bis ins 70 Kilometer entfernte San Luis Rio Colorado. Die Verkehrssituation wurde sofort besser, als ich aus der Stadt hinaus fuhr, doch nun hatten sich die Wolken verzogen und es wurde wieder heiss. Richtig heiss. Extrem heiss.
Mit regelmässigen Pausen, vielem Trinken und angepasster Geschwindigkeit versuchte ich die Situation irgendwie erträglich zu gestalten. So bewegte ich mich langsam aber stetig in Richtung Osten auf der Bundesstrasse Mex 2 nur wenige Meter neben dem massiven Grenzzaun-Bauwerk.
Das Terrain war flach und ausser ein paar Gräsern und ein paar serbelnden kleinen Sträuchern hatte es nichts.
Je länger die Situation andauerte, desto mehr Mühe hatte mein Körper die erforderte Kühlleistung zu erbringen. Zudem sanken meine Wasser-Reserven bald in einen kritischen Bereich. Um 16:00 Uhr legte ich mich total erschöpft und mit heissem Schädel unter ein karges Bäumchen. Die Temperatur im Schatten hatte nun bestimmt wieder die 40-Grad-Marke geknackt. Wasser hatte ich so gut wie keines mehr.
Hierfür gab es wenigstens eine relativ simple Lösung. Ich stand mit erhobener leeren Flasche und 20 Peso an den Strassenrand.
Die ersten Lastwagen und Fahrzeuge brausten vorbei. Doch keine 5 Minuten waren vergangen, als ein weisser Lastwagen ein abruptes Bremsmanöver einleitete. 3 gekühlte Liter Überlebens-Trank schenkte mir der freundliche Fahrer. Gott sei Dank. So konnte die Fahrt um 17:00 Uhr weiter gehen. Kurz darauf zogen auch noch Wolken auf und meine Situation wurde wieder besser. Doch die üble Hitze war noch lange nicht überstanden.
Bald wurde die flache, öde Landschaft durch kleine Berge unterbrochen. Als ich die ersten Berge passiert hatte, veränderte sich auch die Vegetation. Überall, wo man hinschaute, ragten nun Kakteen aus dem Boden. Darunter waren auch gigantische Exemplare. Noch nie hatte ich echte wilde Kakteen gesehen und mein Gärtnerherz schlug bei diesem Anblick gleich ein wenig höher.
Mit neu gewonnenem Interesse an der Strecke rollte ich somit in den Abend hinein. Endlich wurden die Temperaturen wieder langsam erträglicher.
Um 19:00 Uhr erreichte ich mitten in der Wüste noch einen kleinen Laden, welcher wie gerufen kam. Ich kaufte mir so viel Flüssigkeit, wie in tragen konnte und hoffte, damit das 120 Kilometer entfernte Städtchen Sonoyta erfolgreich ansteuern zu können.
Um 19:45 Uhr verliess ich dann die Strasse, nachdem ich einigermassen Sichtschutz bietende Sträucher entdeckt hatte.
Es war schon stockdunkel, als ich endlich erschöpft in mein Zelt kroch. Dunkel heisst aber nicht kühl. Es herrschte immer noch eine unvorstellbar drückende Hitze und da ich nun windgeschützt am Boden lag, fühlte es sich nochmals massiv wärmer an, als noch während der Fahrt. So wurde mein unruhiger Schlaf immer wieder durch Trink- und WC-Pausen unterbrochen.
An diesem Tag wurde ein neuer persönlicher Rekord aufgestellt. Noch nie in meinem Leben hatte ich innerhalb eines Tages 15.5 Liter Flüssigkeit zu mir genommen.
Mexicali - Puente Cuates, Sonora (160Km)
Tag 5
Schon um 3:00 Uhr morgens beim Zelt-Abbau liefen mir wieder Bäche von Schweiss den Körper hinunter. In der Wüste sollte es doch eigentlich sehr kalt werden in der Nacht oder nicht? Hier war jedenfalls das Gegenteil der Fall.
Die ersten Stunden Fahrt gestalteten sich angenehm. Auch die Landschaft hatte es mir sehr angetan. Kahle Berge, kleine Sandverwehungen, schöner Asphalt und Kakteen so weit das Auge reichte.
Zudem kam ich sehr gut voran und mein Plan den heissen Nachmittag im kühlen Hotelzimmer zu verbringen schien aufzugehen. Um 9:00 Uhr verblieben noch lediglich 40 Kilometer bis nach Sonoyta.
Doch ab 9:00 Uhr schnellten die Temperaturen in die Höhe, so dass es nicht mehr schön war. Eine äusserst mühsame Angelegenheit, denn je mehr die Temperatur anstieg, desto langsamer kam ich voran.
Die Strasse führte wieder entlang des Grenzzauns und wie schon am Vortag überlegte ich während des Fahrens, wie man diesen vielleicht überwinden könnte. Auf einmal sah ich vier offene Türen im Zaun. Diese Gelegenheit konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen und so ging ich die 50 Meter zu Fuss vorbei an Kakteen und anderen Stachelpflanzen bis ich schliesslich vor dem massiven Bauwerk stand. Tatsächlich waren 4 Türen geöffnet. Keine Überwachung, keine Kameras. Noch ein paar Schritte und ich war in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dies musste natürlich festgehalten werden.
Hitze und Wassermangel überschatteten aber bald wieder meine Erkundungslust. Die gekaufte Flüssigkeit vom Vortag reichte natürlich mal wieder nicht und so musste ich pausierende LKW-Fahrer um Wasser bitten, was aber kein Problem war.
Um 11:00 Uhr verblieben noch 20 Kilometer. Jeder Kilometer war nun eine Qual. Mein Körper fühlte sich extrem heiss an und die sportliche Betätigung machten dies noch schlimmer. Doch zügig in die Pedalen zu treten war die einzige Möglichkeit, um dieser Gluthitze möglichst schnell entfliehen zu können.
Als das Terrain noch leicht anstieg war ich nur noch am Fluchen. Das Ziel war so nahe - nur noch 15 Kilometer. Mein Körper fühlte sich nun so an, als würde er in Flammen stehen. In diesem Moment rückte alles andere in den Hintergrund. Alles war ab jetzt egal. Ich musste jetzt sofort raus aus dieser Hitze.
Ich überlegte schon verzweifelt, ob ich ein Fahrzeug anhalten sollte, um mich noch die letzten 12 Kilometer mitnehmen zu lassen. Da sah ich plötzlich einen kleinen Stollen, welcher unter der Strasse hindurch führte. Ich packte mein Velo, schleppte es die paar Meter hinunter und warf mich in den lebensrettenden Schatten. Kurz darauf zog ich noch Schuhe, Socken, Weste, Helm und Handschuhe aus. So lag ich dort unter der Bundesstrasse im Delirium 12 Kilometer vom kühlen Hotelzimmer entfernt. Dies war knapp gewesen.
2 Stunden lag ich dort, bis es mir wieder besser ging. Um 14:00 Uhr kratzte ich meine ganzen Reserven zusammen und kroch wieder aus dem Loch. Die folgenden 12 Kilometer hatten mir nochmal alles abverlangt, und ich kann nicht in Worte fassen, wie froh ich war, als ich endlich total am Ende ein Hotel erreichte.
Nachdem ich einkaufen war und noch etwas gegessen hatte, wollte ich mich zuerst einmal in meinem kühlen Hotelzimmer entspannen. Doch die Klimaanlage war ausgefallen und auch das WLAN funktioniere nicht mehr. Stromausfall - das durfte doch nicht wahr sein! So blieb mir nichts anderes übrig als wieder in der Hitze zu schmoren.
Am Abend konnte ich mir bei einem Tacosstand, welcher über eine Autobatterie mit Strom versorgt wurde, noch etwas zu Essen besorgen. Zum Glück. Die Restaurants hatten ja alle geschlossen, denn der Strom war in der ganzen Stadt ausgefallen. Als ich wieder im Hotel ankam, waren die meisten Gäste gerade dabei ihre Koffer aus den Zimmern zu manövrieren, denn ein Übernachten in den ungekühlten Räumlichkeiten kam für sie scheinbar nicht in Frage. Als ich in meine Kammer trat, wusste ich auch wieso. Es war wie in einer Sauna darin. So setzte ich mich also an den Pool und schrieb noch ein wenig am Bericht, bevor ich mich auf einen Liegestuhl legte und vor mich hindöste. Gegen Mitternacht wurde es aber so unbequem, dass ich schliesslich dann doch in mein Zimmer wechselte.
Puente Cuates, Sonora - Sonoita (110Km)
Tag 6
Um 2:18 Uhr wachte ich schweissgebadet auf. An Schlaf war nicht mehr zu denken. So packte ich meine Sachen und war schon um 3:20 Uhr wieder zurück auf der Bundesstrasse. Das EDA hatte zwar ausdrücklich von nächtlichen Überlandfahrten in diesem Gebiet abgeraten, aber das war mir in dieser Situation einerlei. Die Stromversorgung der Stadt war immer noch tot und so war es eine leicht unheimliche Stadtausfahrt.
Bald wurde es aber schon wieder hell und warm und der Tag nahm einen ähnlichen Verlauf wie der Tag zuvor. Ein Fahren durch die karge Landschaft und vorbei an unzähligen Kakteen. Dank der 5-stündigen Mittagspause unter der Strasse in einem kleinen Tunnel kam ich auch mit der Hitze relativ gut zurecht.
Am späteren Nachmittag zogen auch noch Wolken auf und kurz vor der Ankunft in der Kleinstadt Caborca hatte ich mich sogar noch mächtig sputen müssen, um nicht in ein Gewitter zu kommen.
Sonoita - Caborca (150Km)
Tag 7
Auch heute fuhr ich schon wieder früh los, um die kühlen Morgenstunden ausnutzen zu können. Dies wäre aber nicht nötig gewesen, denn an diesem Tag war es bewölkt und zudem wegen der zunehmenden Höhe relativ angenehm. An diesem Tag hatte ich mit anderen Problemen zu kämpfen. Extreme Blähungen brachten mich an meine Grenzen und machten die 110 Kilometer lange Fahrt nach Santa Ana mehr zu einem Leiden als zu etwas anderem. Wenigstens erreichte ich schon um 13:00 Uhr ein Hotel, wo ich mich dann den Rest des Tages erholen konnte.
Caborca - Santa Ana, Sonora (110Km)
Tag 8
Um 4:00 Uhr rollte ich wieder los. Das war schon fast zur Routine geworden. Heute sollte es in die Berge gehen. Kakteen wurden immer seltener und bald schon gab es keine mehr. Gegen 8:00 Uhr verliess ich die Bundesstrasse. Doch leider war ich nicht der einzige mit dieser Idee. Zahlreiche Fahrzeuge schlängelten sich mit mir die enge Strasse in die Berge hinauf.
Die Vegetation wurde nun deutlich grüner. Es hatte wieder kleinere Bäume und diverse andere Pflanzen.
Bald wurde auch klar, dass dies nicht nur an der Höhe liegen mochte. Ich musste nämlich Regensachen montieren und stieg bei Nieselregen bis 1’800 M.ü.M. hinauf. Um 16:00 Uhr erreichte ich den nächsten grösseren Ort. Eigentlich hätte ich noch weiterfahren wollen, aber da ich mal wieder starke Blähungen hatte, entschied ich mich für die vernünftige Variante schon hier in ein Hotel einzuchecken. Dies war das Beste was ich hatte tun können, denn aus den Blähungen wurden bald Magenkrämpfe.
Nach den getätigten Einkäufen wollte ich noch ein Glace essen, um den Kalorienbedarf für den heutigen Tag wenigstens annähernd decken zu können, doch kurz bevor ich das Papier aufriss, wurde mir auch noch übel. So ging ich sofort ins Bett. Die Nacht wurde begleitet von wirren Träumen und Bauchkrämpfen. Ich war mir sicher, dass ich mir eine Lebensmittelvergiftung eingefangen hatte und nun mindestens einen Tag pausieren müsste.
Santa Ana - Cananea (125Km)
Tag 9
Das schlimmste blieb zum Glück aus. Doch ich fühlte mich alles andere als fit an diesem Morgen: Ich fühlte mich schwach und energielos. Wenn ich zeitlich nicht so unter Druck gewesen wäre, hätte ich einen Pausentag eingelegt.
Doch anfangs Woche 2 lag ein Pausentag einfach noch nicht drin. Zudem war mein Vorwärtskommen der letzten Tage auch nicht gerade Weltklasse gewesen.
In meinem desolaten Zustand tuckerte ich somit der Strasse entlang in Richtung Grenzstadt Agua Prieta. Trotz extrem guten Bedingungen mit Rückenwind und abfallendem Gelände, brauchte ich für die 85 Kilometer ganze 6 Stunden.
Völlig erschöpft erreichte ich ein Hotel, in welchem ich den ganzen Nachmittag schlafend im Bett verbrachte.
Cananea - Agua Prieta (85Km)
Tag 10
Um 2:54 Uhr läutete wieder der Wecker. Ich war zwar immer noch nicht auf 100%, doch fühlte ich mich deutlich besser als am Vortag.
Heute war mal wieder ein klarer Tag und so konnte ich mich trotz der schlechten Lichtverhältnisse an der schönen Landschaft erfreuen.
Der Verkehr war nun definitiv abgeebbt. So war es ein wirklich angenehmes Rollen in den neuen Tag hinein.
Bald fuhr ich auf eine Hochebene hinauf. Der Ausblick war gediegen, doch machten mir die schnell heranziehenden Gewitterwolken Sorgen.
Ich hatte keine Lust verregnet oder vom Blitz getroffen zu werden und so wartete ich unter der Strasse, bis das Ganze vorbei gezogen war. Wenig später war es leider mal wieder so weit - mein erster Platten - Gopfedeckel.
Ich hatte vorgesorgt und 2 neue Schläuche mitgenommen und so sollten sich die Reparaturarbeiten kurz halten - hatte ich zumindest gedacht. Der Reifen sass aber brutal eng ums Rad. Nur schon beim Wegnehmen hatte ich Mühe und beim wieder Montieren des Reifens drehte ich fast durch. Mit dem Sackmesser und dem Löffel schaffte ich es schliesslich nach knapp einer Stunde doch noch irgendwie den Reifen übers Rad zu bekommen.
Doch der neue Schlauch liess sich nicht mit Luft füllen. Ich hatte ihn bei dem groben Manöver doch tatsächlich beschädigt! Das bedeutete: das Ganze noch einmal. Nun schrie ich vor Ärger und das nicht nur einmal.
Ich verzweifelte fast. Ich konnte würgen und hebeln, der Reifen ging einfach nicht übers Rad, welches mittlerweile auch schon enorm zerkratzt war. Dann endlich nach nochmals über einer Stunde herum fluchen, schaffte ich es dann doch noch irgendwie.
2.5 wichtige Stunden hatte ich so an diesem Tag verloren. Nachdem ich den 1’920 Meter hohen Pass überwunden hatte, ging es die letzten 60 Kilometer geradeaus. Total erschöpft kam ich nach dieser 16 Stunden dauernden Fahrt ins nächste Dorf. Am heutigen Tag hatte ich die Zeitzone gewechselt und so war es hier bereits 21:15. Zudem wurde die 1’000 Kilometermarke überschritten.
Agua Prieta - Janos (160Km)
Tag 11
Ich kontinuierte die Fahrt gegen 5:00 Uhr morgens. Gegenwind störte schon zu dieser frühen Stunde das gemütliche Vorankommen. Auch blähte sich mein Magen mal wieder.
Gegen Mittag traf ich dann den mexikanisch-amerikanischen Doppelbürger Alberto und seinen 20-jährigen Sohn Leo, welche extra angehalten hatten, um mich über meine Reisepläne zu befragen. Alberto imponierte mein Projekt sehr und meinte, ich solle doch nach Colonia Le Baron kommen, dort im Hotel schlafen und mit ihnen den Abend verbringen. Dies war zwar ein etwa 20 Kilometer weiter Umweg, doch ich sagte trotzdem zu. Sie hatten mir sogar angeboten mich bis dorthin mitzunehmen, doch es war erst 12:00 Uhr und die verbleibenden 35 Kilometer waren ja nicht mehr weit.
Doch je länger ich fuhr, desto mehr verfluchte ich mich, dass ich dieses Angebot nicht angenommen hatte. Mein Magen wurde schlimmer und schlimmer. Auch das eingenommene Medikament nützte rein gar nichts. Als ich um 14:00 Uhr von meiner eigentlichen Route in Richtung angegebenem Ort abbog, war ich schon nahe der Verzweiflung. Auch war es mittlerweile schon wieder recht heiss geworden, und die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel. In meinem Delirium nahm ich mein Velo von der Strasse und legte mich wieder einmal in eine Wasserunterführung unter die Strasse. Diesmal nütze es aber nichts. Auch dort unten war es heiss und Fliegen trieben mich schier in den Wahnsinn. Es waren zwar nur noch 17 Kilometer bis zum genannten Hotel, doch ich wusste, dass ich das mit meinen Magenkrämpfen nicht mehr schaffen würde.
Ich war an einem Tiefpunkt angelangt. Das Einzige, was ich in diesem Moment wollte, war sofort nach Hause gehen zu können. Stattdessen lag ich hier auf dem harten Boden alleine, ohne Aussicht auf Hilfe und ohne Handyempfang. Mein Magen war aufgeblasen, wie ein Ballon und dies, obwohl ich heute wirklich auf meine Ernährung geachtet hatte. Dies war definitiv kein Zustand mehr.
Mit letzter Kraft hievte ich mein Velo zurück auf die Strasse. Nun kam zur Anwendung was als letztes Mittel galt. Noch nie auf irgendeiner Tour war diese Praxis zur Anwendung gekommen. Doch nun ging es nicht mehr anders. Ich hielt Ausschau nach einem möglichen Transportmittel. Die ersten zwei Wagen waren normale PWs und kamen daher nicht in Frage, doch dann kam ein Pick-up. So streckte ich den rechten Daumen aus und hielt mit der linken Hand 200 mexikanische Peso, also umgerechnet 10 Franken, in die Höhe. Der Pick-up raste mit 100 Sachen an mir vorbei. Doch weit vorne kam er zum Stehen, machte einen U-Turn und kehrte zurück. Nach einem erneuten Wendemanöver hielt der Schlitten neben mir an. Das Velo fand auf der kleinen Ladefläche Platz und nach dem Bezahlen, durfte ich auf der Rückbank Platz nehmen.
Gut 15 Minuten später kamen wir dann beim Hotel an. Gott sei Dank. Bald schon sass ich auf dem WC. Dieses Mal hatte es mich definitiv erwischt. Ich hatte Durchfall und vielleicht sogar ein wenig Fieber. Oh Mann!
Janos – Colonia Le Baron (100Km)
Tag 12
Am nächsten Morgen ging es mir unerwarteterweise schon massiv besser. Nach grossem Frühstück klopfte dann Alberto an die Zimmertür. Er wollte mir sein Haus und seine Steinsammlung zeigen. So thronte ich bald im fetten Schlitten auf dem Beifahrersitz. Sein Sohn und ein Kollege sassen auch noch im Wagen.
Mit einer Begeisterung zeigte er mir kurz darauf seine riesige Steinsammlung, welche er alle selbst gefunden und bearbeitet hatte. Darunter waren auch sehr wertvolle Stücke, was auch sein schönes grosses Haus und das neuste Samsung Handy in seiner Hand erklärte.
Beim Rückweg zum Hotel bat er mir erneut einen „Lift“ an. Darauf hatte ich schon gewartet und so fragte ich, ob er mich vielleicht wieder an die Kreuzung zurückbringen könne.
Wenig später rasten wir, begleitet von mexikanischer Musik, über den Asphalt. Jetzt ging es mir schon fast wieder super. Nach herzlicher Verabschiedung setzten sie mich schliesslich bei derselben Kreuzung ab, wo ich am Vortag aufgegabelt worden war.
Ohne weitere körperliche Leiden pedalte ich an diesem Nachmittag noch bis zur nächsten grösseren Ortschaft.
Colonia Le Baron - Flores Magón (75Km)
Tag 13
Für diesen Tag hatte ich mir viel vorgenommen. 185 Kilometer sollten es werden bis zur grösseren Stadt Chihuahua. So war ich bereits um 3:35 Uhr zurück auf der Tour. Die Fahrt auf teilweise Bundesstrassen und teilweise Autobahnen gestaltete sich relativ unspektakulär. Das Gewitter bei den letzten 5 Kilometer hätte zwar nicht unbedingt sein müssen, aber trotzdem erreichte ich schliesslich tropfend nass und ko das zuvor gebuchte 4-Sterne Haus.
Ein erstes Zwischenziel auf dieser Reise war somit erfolgreich angesteuert worden. Doch bis Panama City verblieben noch unbeschreiblich weite 5‘000 Kilometer. Wenn man von Zürich losfahren würde und nach Teheran (Iran) oder Tel-Aviv (Israel) fahren würde, käme man nicht annähernd auf die oben angegebene Kilometerzahl.
Flores Magón - Chihuahua (185Km)
Tag 14
Nach dem Frühstück wollte ich zuerst einmal einen Fahrradmech aufsuchen, denn ich hatte am Vortag einen schleichenden Platten am Hinterrad bemerkt. Auch brauchte ich ein besseres Werkzeug, um den Reifen selber wechseln zu können. Google Maps navigierte mich zum - gemäss Bewertungen - besten Laden der Stadt. Dort angekommen wurde ich nicht enttäuscht. In dem Geschäft gab es alles von zahlreichen Rennvelos über dutzende Velohelme bis hin zu diversen Ersatzteilen.
Ein junger Mechaniker Namens Frank nahm sich dann meines Problems an. Als er wenig später den Hinterreifen von Hand wegmachte und ihn darauf wieder ohne Werkzeug montierte, als wäre es nichts, blieb mir der Mund offen stehen. Wie machte er das nur? Ich bat ihn das Ganze nochmals rückgängig zu machen. Geduldig erklärte er mir die Tricks, die es gab. Ich probierte diese sofort aus und dank ein paar Anweisungen schaffte ich schliesslich das unmöglich Geglaubte. Trotzdem erwarb ich noch den metallenen Reifenheber. Diesen gab es zwar nicht offiziell zu kaufen, aber Frank gab mir netterweise sein Ersatzwerkzeug.
Nach kurzer Besichtigung der Innenstadt ging dann meine Reise weiter auf der mexikanischen Autobahn.
150 Kilometer später sass ich dann im hauseigenen Restaurant vom 4 Sterne Hotel Santa Fe vor einem Burger. Nach der gediegenen Speise hätte ich nur allzu gerne den Lift betreten, welcher mich zu meinem luxuriösen Zimmer gebracht hätte. Dort angekommen wäre ich nur allzu gerne in ein weiches frischbezogenes Bett gefallen. Doch da das Hotel ausgebucht war und dies schon das zweite war, in dem ich gefragt hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als in die schwarze Nacht hinaus zu fahren und im Zelt zu übernachten.
Chihuahua - El Chaquis, Chihuahua (160Km)
Tag 15
Nach erfolgreicher Demontage meines kleinen Nachtlagers war ich dann schon bald wieder zurück auf der Autobahn.
Die kommenden Kilometer waren relativ unspektakuläre, dafür effizient. Am Mittag passierte ich den letzten kleinen Ort. Danach gab es nichts mehr. Einzig die doppelspurige Asphaltfläche pflügte sich durch die karge Landschaft. Kurz vor Nachteinbruch wechselte ich noch den Bundesstaat und somit auch die Zeitzone.
Ich pfiff aus dem letzten Loch, als ich um 22:00 Uhr abends das hell erleuchtete Mautgebäude erreichte. Man riet mir hier zu bleiben für die Nacht, was ich dann auch tat. Dort war es zwar hell und lärmig, doch dank meiner Erschöpfung kümmerte mich dies nicht wirklich und ich schlief bald fest wie ein Stein.
El Chaquis, Chihuahua - Tollbooth No. 161 Ceballos (170Km)
Tag 16
Nach weiteren 130 Kilometern auf der Autobahn erreichte ich schliesslich gegen 17:00 Uhr das nächste Teilziel meiner Tour Gómez Palacio. Diese Stadt ist bekannt für seinen kleinen Eiffel Turm.
Tollbooth No. 161 Ceballos - Gómez Palacio (130Km)
Tag 17
Nach einem bescheidenen Frühstück im Hotel ging es dann um 9:00 Uhr wieder zurück auf die Strecke. Meine Satteltaschen waren randvoll gefüllt mit Riegeln, Nüssen und Früchten. Gemäss vorausgegangenen Recherchen sollte es in den kommenden paar Tagen nämlich nicht gerade Supermärkte am Laufmeter haben.
Die Autobahn nahm eine weniger direkte Route und ich hatte mich nach genauen Recherchen dann doch dazu entschieden gemäss Velo-Navigationsapp die direkte Route zu nehmen. Auch war der Untergrund mit 93% Asphalt angegeben, was eines der wichtigsten Kriterien für diese Entscheidung war. Es war nur zu hoffen, dass diese Angaben auch korrekt waren.
So manövrierte ich mich also über eine kleine schön asphaltierten Strasse hinein in den Schilf. Das Terrain stieg langsam an und wegen den diversen Snacks, Bananen, Pfirsichen, Kiwis, Äpfel und Birnen im Gepäck, war ich nicht gerade zügig unterwegs, doch das war egal.
Immer mehr feierte ich es, diese Route gewählt zu haben; fast kein Verkehr, wunderbare Landschaftsbilder und ein spannendes Hörspiel in den Ohren - was wollte man mehr.
Es war ein wunderbarer Tag. Hier oben auf über 1’500 M.ü.M waren auch die Temperaturen sehr angenehm und es machte wirklich Spass gemächlich aber stetig vorwärts zu kommen. Es war die bisher mit Abstand schönste Etappe der Tour.
Am Abend konnte ich dann zum Glück erfolgreich einer Gewitterfront davon fahren und erreichte gut getimt eine grössere Häuseransammlung. Als ich so etwas wie ein Restaurant erblickte, ging ich hinein und frage, ob ich hier etwas essen könne. Bald schon stand ein Hamburger mit Pommes vor mir. Musik.
Während dem Essen plauderte ich ein wenig mit dem Mann der Köchin, welcher sich sehr für mein Projekt zu interessieren schien. Mein Spanisch kam dabei definitiv an seine Grenzen. Nach dem Essen fragte ich noch nach einer Unterkunft. Ruben, der Mann der Köchin, erklärte sich bereit mich hin zu führen. Perfekt.
Als ich um 22:00 Uhr schon fast eingeschlafen war, klopfte es an meine Tür. Wer sollte das sein? Als ich die Tür aufmachte stand Ruben draussen. Seine Frau sass im Wagen. Er übergab mir einen kleinen Zettel und sagte „Amigo“. Seine Handynummer war darauf gekritzelt und er fragte noch nach meiner Nummer. Ich versprach, ihnen ein Foto von Panama zu senden, falls ich dort je eintreffen würde und wir verabschiedeten uns mit vielen gegenseitigen Glückwünschen. In diesem Stile durfte es weiter gehen.
Gomez Palacio - San Juan de Guadalupe (155km)
Tag 18
Gut gelaunt fuhr ich in den kühlen Morgen hinein. Das erste Mal seit Tagen hatte ich mich wirklich auf die Weiterfahrt gefreut. Doch die Freude war schon bald verflogen. Der Asphalt endete und das Schlimme war, ich wusste nicht für wie lange. Als ich dann wenig später auch noch den platten Hinterreifen bemerkte, war dann definitiv fertig lustig.
Trotz gediegener Musik und schönster Landschaftskulisse waren die nächsten Kilometer ausserordentlich mühsam.
Einfach nur Kies würde ja gehen, aber die kleinen Bodenwellen, welche durch Autos entstanden waren, gaben mir den Rest.
Es war schon Nachmittag, als ich nach 50 Kilometern das nächste Kaff erreichte. Das Dorf war zwar durch eine asphaltierte Strasse mit der Aussenwelt verbunden, doch dies nützte mir herzlich wenig, da diese Strasse quer zu meiner Route verlief.
Wenigstens hatte es hier einen kleinen Laden, wo ich meine rapide abnehmenden Lebensmittelreserven wieder auffüllen konnte. Auch hier erfuhr ich einmal mehr Bewunderung für mein Projekt. Die Ladenbesitzerin verrechnete mir auch für die vielen Sachen einen übermässig freundschaftlichen Betrag.
Nachdem ich erfahren hatte, dass das Restaurant in diesem Ort geschlossen sei, kaufte ich dann noch einige Sachen für den sofortigen Verzehr nach. Diese wollte sie mir sogar noch schenken. Doch damit nicht genug. Ich wollte mich gerade über einen Teil der nachgekauften Sachen hermachen, da brachte mir ihre jüngere Tochter einen Teller mit warmer Speise.
Später wurde dann noch im ganzen Geschäft meine zukünftige Route diskutiert, denn ihnen, wie mir, gefiel der Vorschlag meiner Navigationsapp nicht wirklich.
Zur Verabschiedung sollte ich dann noch mit Velo und ihren Kindern im Laden abgelichtet werden. Eine wirklich herzliche und unvergessliche Begegnung.
Wenig später holperte ich wieder über den unebenen kiesigen Weg. Solche Begegnungen gab es auf der Autobahn nicht und so trat der Ärger über den miesen Untergrund in den Hintergrund. Zudem war dieser Weg auch mal eine Abwechslung zur lärmigen Hauptverkehrsachse.
Im kleinen Lebensmittelgeschäft waren wir zum Schluss gekommen, dass diese Route trotz allem Übel vielleicht doch die schnellste sein würde, denn ein Umweg über die asphaltierte Strasse wäre beinahe doppelt so weit gewesen.
Ich war wirklich mutterseelenallein unterwegs. Verkehr hatte es auf dieser Schotterpiste gar keinen mehr. Gegen 18:00 Uhr hörte ich plötzlich ein Rasseln, dann ein Zischen. Ich sah nach links und schaute direkt in die Augen einer mindestens einen Meter langen Schlange. Offensichtlich eine Klapperschlange.
Bei dem Gedanken heute Nacht hier draussen alleine irgendwo schlafen zu müssen, überkam mich ein mulmiges Gefühl.
Um 22:00 Uhr lag ich dann im Zelt und aktualisierte noch den Bericht. Ich befand mich fernab jeglicher Siedlungen. Mobilfunk hatte es sowieso nicht. Auf eine Art sehr idyllisch - vor allem die Ruhe. Schlangen hatte ich glücklicherweise keine mehr gesichtet an diesem Abend.
San Juan de Guadalupe - Nuevo Mercurio (100 Km)
Tag 19
Bei Tagesanbruch holperte ich weiter über den endlos scheinenden Weg.
Um die Mittagszeit sah ich vor mir ganz unerwartet eine schwarze Fläche. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Es gab tatsächlich wieder Asphalt und das mitten im Nirgendwo.
Am Nachmittag bekam ich dann aber eine Krise, als ein 10 Kilometer langer Kiesweg das angenehme Fahren wieder unterbrach. Kurz war der Pfad sogar so schlecht gewesen, dass ich mein Velo tragen musste während meine Füsse knöcheltief im Schlamm einsanken. Jetzt war ich nur noch am Fluchen.
Da der ganze Tag von schwachem, aber dafür konstantem Gegenwind geprägt war, wurde es nach 125 geleisteten Kilometern bereits Zeit, ein Nachtlager zu suchen. Unerwartet fand ich in einer übersichtlichen Ortschaft eine herzige kleine Unterkunft. Da an diesem Tag irgendein Fest gefeiert wurde, war eine verhältnismässig riesige Chilbi im Gange nur wenige Schritte entfernt von meinem Zimmer.
Nuevo Mercurio - Ville Santo Domingo (125km)
Tag 20
Die ganze Nacht wurde mein unbedingt benötigter Schlaf von dem Chilbi-Lärm gestört. Das Ganze mit der Chilbi hatte aber auch seine Vorteile. Ich konnte nämlich bereits um 3:30 Uhr zum Frühstück zwei fettige Burger verdrücken. Gestärkt von der Kalorienbombe stach ich somit um 3:45 Uhr in die schwarze frische Nacht hinaus. Grund für die frühe Abfahrt war die nur noch 190 Kilometer entfernte nächst grössere Stadt San Luis Potosi, welche ich unbedingt ansteuern wollte an diesem Tag.
Es war ein langes, ein wenig unheimliches und auch ein nicht ganz ungefährliches Fahren in der Finsternis auf der einsamen Strasse. Der Himmel war bedeckt und so musste ich mich ausschliesslich auf das Velolicht verlassen. Es war ein ausgesprochen kühler Morgen und nachdem auch noch ein Regenschauer über mich hinweg gezogen war, fror ich schon fast ein wenig.
3 Stunden später war ich mit Isavel und Carlos einen Fruchtsaft am Geniessen. Ich hatte die beiden Herren zuvor beim Velofahren gesehen. Sie beide waren daraufhin umgekehrt und hatten mich noch bis in ihr Heimatstädtchen begleitet. Eine nette Begegnung.
Kurz darauf erreichte ich wieder die Autobahn, welche ich 4 Tage zuvor verlassen hatte. Eigentlich gute Bedingungen, um zügig voranzukommen, doch das Vorankommen wurde durch Gegenwind, hügeliges Gelände und einen platten Reifen massiv gebremst.
Einzig am Mittag kam es zu einer schönen Szene. Ein Lkw hielt neben mir an und mir wurde eine in Alufolie verpackte noch warme Speise aus dem Lastwagen gereicht. So gefällts.
Nach 8 weiteren Stunden Autobahnfahrt erreichte ich dann schliesslich entkräftet und kaputt die zuvor gebuchte äusserst gediegene Unterkunft. 195 Kilometer war bis anhin die beste Tagesleistung dieser Tour.
Das Hotel war wirklich perfekt und ich genoss den Luxus in vollen Zügen. Vor allem der frische, knackige Beerensalat beim Nachtessen war ein kulinarisches Highlight nach all dem Müll, welchen ich in den letzten Wochen in mich hinein gestopft hatte.
Später am Abend war dann nicht etwa chillen und fernsehen angesagt. Nein. Kleider mussten gewaschen werden, Schläuche mussten geflickt werden und der Bericht musste aktualisiert werden. Solange «Maschine und Motor» mehr oder weniger einwandfrei funktionierten, wollte ich eben möglichst zügig vorwärtskommen und den entspannteren Teil der Reise bei Möglichkeit auf das Ende verlegen.
Ville Santo Domingo - San Luis Potosi (195Km)
Tag 21
Nach einem selten gediegenen Frühstück verliess ich um 10:00 Uhr wehmütig den Hotelpalast. Eine unspektakuläre mühsame Fahrt folgte auf der doppelspurigen Autobahn in Richtung Mexiko-Stadt. Meine Navigationsapp wollte zwar nicht die Autobahn nehmen. Doch ich nahm lieber Lärm, kritische Überholmanöver und Abgase in Kauf, als von meiner App irgendwo im Schilf herum geführt zu werden. Das grosse Verkehrsaufkommen hatte aber auch seine Vorteile. Meine nervigen Strassengenossen waren nämlich verantwortlich für einen leichten, konstanten Rückenwind, welcher für das Vorankommen sehr günstig war. Zudem gibt es an Autobahn meist auch eine Infrastruktur. So war es mir möglich um 19:00 Uhr in ein Motel einzuchecken.
San Luis Potosi - Crucero San Luis de la Paz (110Km)
Tag 22
Nachts um 1:30 Uhr wachte ich auf. Mein Bauch war prall wie ein Ballon. Das durfte doch nicht wahr sein. Nicht schon wieder. Ich fluchte. Mit 2 Tabletten meines Durchfall-Medikamentes liess sich zwar das Schlimmste verhindern, aber nicht alles.
Auch an diesem Morgen überlegte ich mir, ob ich einen Tag Pause einlegen sollte, doch ich entschied mich schliesslich dagegen. So war ich um 9:00 Uhr zurück auf der Autobahn. Ein mühsamer Tag folgte. Mit Ohrenpax in den Ohren, Tunnelblick und Bauchschmerzen trat ich in die Pedalen. Die Gedanken nur auf eines gerichtet: Die Ankunft eines Tages in Panama City. Ein platter Reifen kam dann zu allem Übel auch noch dazu. Ein wirklich mieser Tag.
Doch irgendwie erreichte ich dann schliesslich nach 9 Stunden Fahrt begleitet von Magenkrämpfen die grössere Stadt San Juan del Rio. Dort hatte ich über Booking.com ein Hotel buchen können und war selten froh, als ich endlich im Bad meines Zimmers verschwinden konnte.
Crucero San Luis de la Paz - San Juan del Rio (135 Km)
Tag 23
Um 8:15 Uhr nahm ich schon wieder die Autobahneinfahrt und startete in den kühlen Morgen hinein. Dem Bauch ging es zum Glück wieder deutlich besser.
Auf der teils 3-spurigen Autobahn stieg dann das Terrain bis fast 2‘500 Meter an. Dies bedeutete harte Kilometer mit meinem etwa 15 Kilo schweren Gepäckstück auf dem Gepäckträger. Zudem stieg es nicht konstant an, wie etwa bei einem Schweizer Pass. Nein. Es war eher ein Auf und ein Ab, bei dem das Auf überwiegte. Auch der Verkehrslärm ging mir langsam aber sicher auf die Nerven.
90 Kilometer vor dem Stadtzentrum von Mexico City verliess ich dann diese Hauptverkehrsachse und wechselte auf eine Umfahrungsautobahn. Damit wurde ich zum Glück auch 80% der Verkehrsteilnehmer los.
Eine Stadtdurchfahrt durch Mexico City musste ich mir nicht geben. Ich hatte schon Millionenmetropolen wie London, Kairo oder Istanbul mit Velo durchquert und wusste darum, dass dies in der Tendenz eher eine mühsame und unfallanfällige Angelegenheit ist.
Mühsam war auch der bereits 7. Platten, den es dann noch zu flicken gab. Solch eine hohe Frequenz an platten Reifen, wie auf dieser Tour, hatte es selbst bei der Pannen-Tour durch Afrika nicht gegeben.
Doch wenig später lachte ich wieder, als ich sah, wo die eigentliche Route meiner Navigationsapp hindurchgeführt hätte. Diese Route hätte nämlich auf einem miesen Kiesweg unter der Autobahn hindurch geführt. Da war mir ein bisschen Verkehrslärm dann doch lieber.
Kurz darauf an einer Tankstelle sprachen mich wieder Leute an. Keine Seltenheit, aber hier waren es gleich mehrere Parteien gleichzeitig. Mittlerweile geübt erzählte ich mit den schon fast im Traum vorkommenden Standartsätzen „Soy de Suiza“ „He Empezado en Tijuana“ „Quierro ir a Panama“. Immer ein Spass solche Begegnungen und das
Schöne daran war, dass die Leute immer mich und meine Reise bewunderten und nicht mein Geld. Ganz anders als in Afrika.
Gegen Abend wurde ich noch verregnet und da die Temperaturen zudem tief waren, setzte ich alles daran die Nacht in einem warmen Bett verbringen zu können. Auf Google Maps konnte ich glücklicherweise ein nicht all zu weit von meiner Route entferntes Hotel ausfindig machen.
Da die nächste Autobahnausfahrt erst 22 Kilometer weiter zu finden gewesen wäre, trug ich kurz darauf mein Velo hinauf zu einer Brücke, welche die Autobahn querte. Dabei rutschte ich aus und stürzte. Mir war nichts passiert, doch beim Velo war das Licht und die Handyhalterung abgebrochen - Wie ärgerlich.
Doch auch ohne Licht und ohne Handyhalterung erreichte ich schliesslich kurz vor 21:00 Uhr erschöpft das herzige Hotel. Auch konnte ich wenig später wieder meine Lieblingsspeise „Hamburgesa con Papas y una coca“ bestellen. Ich hatte zwar immer ein wenig ein schlechtes Gewissen, da ich keine einheimische Kost ass, doch ein guter Hamburger mit Pommes, stellte halt meiner Meinung nach die Tacos und Burritos und sonstigen lokalen Speisen schon in den Schatten.
San Juan del Rio - Villa de Tezontepec (160Km)
Tag 24
Nach gerade einmal 4.5 Stunden Ruhe riss mich mein Handy schon wieder aus dem Schlaf. Heute sollte das nächste Teilziel Puebla beizeiten erreicht werden, um Hotel und Stadt vollumfänglich geniessen zu können. Zudem war mal wieder ein Service am Velo nötig, was auch nochmals Zeit in Anspruch nehmen würde.
So kalt, wie an diesem Morgen war es noch nie gewesen auf dieser Tour. Trotz Thermooberteil, Regenjacke und langer Hose fror ich anfangs. Es hatte wahrscheinlich nur knapp 10 Grad, denn beim Atmen bildeten sich sogar kleine Wölklein. Google Maps führte mich zu Beginn noch ein wenig im Scheiss herum bis ich dann schliesslich um 5:30 Uhr die nächste Autobahneinfahrt erreichte. Ich war froh, dass ich bergauf fahren konnte, denn so hatte ich gerade warm genug.
Als ich bei einer Höhe von 2‘640 M.ü.M. den höchsten Punkt der gesamten Tour erreichte, wurde es endlich hell. Kalt und neblig war es dort oben. Dieser Punkt befand sich von der Höhe gesehen 500 Meter über dem Gotthardpass. So hätte man annehmen können, dass es hier Fels, Stein und vielleicht auch Schnee gab. Doch dem war gar nicht so. Grünes saftiges Grasland im Zusammenspiel mit Bäumen prägten das Landschaftsbild.
Bei der Abfahrt kam ich bald aus dem Nebel heraus und mir bot sich ein wunderbares Bild. Ich rollte unter blauem Himmel vorbei an Bäumen und mit Sicht auf einen massiven Berg mit Schnee auf dessen Spitze. So hatte ich es gerne. Landschaftliche und klimatische Veränderungen machten das Reisen erst wirklich interessant.
20 Kilometer vor Puebla stimmte plötzlich mit dem Velo etwas nicht mehr. Das Hinterrad hatte von einem Moment auf den anderen stark zu eiern begonnen. Nach genauerem Hinschauen sah ich, dass eine Speiche gerissen war. Nicht so schlimm. Das Timing hätte nicht besser sein können so kurz vor dem geplanten Service. Um 14:00 Uhr erreiche ich dann eine Werkstadt, welche zwar nicht europäischen Standard erreichte, aber ganz okay war. Eine Stunde nahm sich ein Handwerker meinen diversen Problemen an.
Danach verliess ich die Werkstatt mit neu geeichtem Rad, einer neuen Speiche, einem ausgetauschten Reifen, einer getauschten Kette, einem gewechselten Bremsbelag und einem frisch geschmierten Getriebe. 100 Peso also umgerechnet 5 Franken hatte mich der Service gekostet. Gut hatte ich alle Ersatzteile selbst mitgebracht, denn hier hätte man diese bestimmt nicht bekommen. Auch war nun mein Gepäck ohne den Ersatzreifen und ohne die Ersatzkette wieder um einiges leichter geworden - perfekt.
Kurz darauf wurde ich im Stadt-Zentrum von einer Dame in meine Junior Suite geführt. Eine Nacht im 5 Sterne Hotel hatte ich mir nach diesen 3 erfolgreichen Fahrwochen definitiv verdient. Ich bekam ein geräumiges Eckzimmer mit 2 grossen Fenstern, einem riesigen Bett und einem gewaltigen Flachbild-Fernseher. So luxuriös hatte ich noch selten genächtigt in meinem Leben.
Am Nachmittag schlenderte ich noch ein wenig durch die Stadt und besuchte das eindrückliche Gotteshaus, welches nur 2 Gehminuten von meiner Unterkunft entfernt war.
Ein gemütlicher Abend in meiner Suite beendete dann diesen erfolgreichen Teilabschnitt meiner Zentral-Amerika-Tour.
Villa de Tezontepec - Puebla (130Km)
Tag 25
Um 10:00 Uhr gesellte ich mich wieder zum Verkehrsstrom, welcher lärmend in Richtung Südosten rollte. Bei der nächsten Tour würde ich einen Gehörschutz mitnehmen - das schwor ich mir. Bald schon verdünnisierte sich der Verkehr, doch der Lärm blieb. Die Ursache war diesmal aber schlimmer. Gegenwind kam auf, welcher in meinen Ohren dröhnte. Nachdem ich an einer Autobahnraststätte in einem italienischen Kaffee ein Sandwich und ein San Bedretto Ice-The (tatsächlich aus Italien - unglaublich) konsumiert hatte, wurde der Gegenwind zu einem regelrechten Sturm. Ich kam kaum noch vorwärts. Dazu ging es auch noch 400 Höhenmeter aufwärts. Erschöpft erreichte ich um 17:00 Uhr mit 2’400 M.ü.M. den höchsten Punkt für längere Zeit. Nun sollte es abwärts gehen bis auf Meereshöhe.
Nebel erschwerte die Sicht bei der Abfahrt. Nicht nur das Klima änderte sich - nein auch die Vegetation. Die Stachelpflanzen, Büsche und Agaven wurden schon bald durch exotische Bäume ersetzt.
Auch der Nebel wurde bald schon abgelöst - durch Regen. So wurde die Abfahrt eher zu einer Tortur als zu einem Genuss. Kurz vor Nachteinbruch erreichte ich, nass bis auf die Haut, den nächsten grösseren Ort Orizaba und damit auch ein Hotel.
Puebla - Orizaba (145Km)
Tag 26
Bei strahlendem Sonnenschein ging es dann weiter bergab auf der „Autopista“. Ein herrlicher Morgen! Die Landschaft erinnerte mich ein wenig ans Tessin mit den grünen Hügeln, welche das Tal auf beiden Seiten einbetteten.
Nachdem ich einen weiteren Kilometer an Höhe verloren hatte, gab es dann auch überall wilde Palmen zu sehen. Auch wurde es heiss und feucht. Das Klima war tropisch geworden. Am Nachmittag zogen zudem Wolken und Gewitter auf, von welchen ich zum Glück verschont blieb.
Die Strasse führte durch Niemandsland. Trotzdem fand ich um 17:30 Uhr ein Hotel. Es war die einzige Unterkunft weit und breit. Zum Znacht stopfte ich mir noch 2 Portionen „Hamburgesa con Papas“ und 600ml Cola in den Bauch, was ein wenig zu viel des Guten war.
Orizaba - Ferrocarril (160Km)
Tag 27
Schon um 3:35 Uhr fuhr ich in die feuchte warme Nachtluft hinaus. Ich hatte 170 Kilometer Autobahnfahrt vor mir. Diese Strecke brachte ich dann innert gut 10 Stunden hinter mich. So war ich um 14:00 Uhr bereits in meinem gediegenen Zimmer in einem 5 Sterne Hotel. Das musste ich mir mal wieder gönnen, denn heute war ja mein 21. Geburtstag. Zmittag und Znacht konnte ich im hauseigenen Restaurant geniessen und zwischendurch nahm ich Geburtstagsglückwünsche auf meinem Handy entgegen und schaute noch einen Film. Es war eigentlich das erste Mal auf dieser Tour, dass ich nicht am Fahren, Schlafen, Essen, Vor- oder am Nachbereiten war. Nun hatte ich mir dies aber mehr als verdient und genoss die entspannten Momente in vollen Zügen.
Ferrocarril - Coatzacoalcos (170Km)
Tag 28
Nach überteuertem Frühstück verliess ich den kühlen Hotelkomplex und gondelte in den schwülen Morgen hinein. Bald ging es endlich weg von der Autobahn auf eine kleinere Bundesstrasse. Das Terrain wurde hügelig, denn ich fuhr wieder weg vom Meer, hinein ins Landesinnere.
Die Pflanzen und das Klima blieben tropisch. Und so war es auch kein Wunder, dass es am späteren Nachmittag anfing zu regnen. Ja ein regelrechtes Unwetter zog über mich hinweg. Erst bei Nachteinbruch hörte es endlich wieder auf zu schütten. Kurz darauf terminierte ich meine Fahrt und schlug bei allerletztem Tageslicht mein Nachtlager auf.
Erschöpft fiel ich nach dieser 160-Kilometer-Etappe auf meine Luftmatratze und war schon bald tief und fest am Schlummern.
Coatzacoalcos - Jesús Abadía Gutiérrez (160Km)
Tag 29
Nach fast 10 Stunden Schlaf kroch ich wieder aus dem Zelt. Eine laue Nacht wars gewesen. Den Schlafsack hatte ich nicht gebraucht. Nach aufwändigen Packarbeiten ging die Fahrt weiter.
Die Strasse führte in der Tendenz bergauf und so war ich froh, dass ich mich ab und zu an langsamen Lastwagen festkrallen konnte. Dank der zeitweiligen motorisierten Unterstützung kam ich zügig voran und stand gegen 14:00 Uhr bereits vor den Toren der Stadt Tuxtla Gutiérrez. Als ich bei einem Anfahrmanöver vor einem Lichtsignal mit aller Kraft in die Pedalen trat, gab die rechte Pedale mit einem Ruck nach.
Als ich nach unten schaute, wurde mir sofort klar, dass ein Schaden von seltenem Ausmass entstanden war.
Das vordere Zahnrad war tatsächlich abgebrochen. So etwas war mir zuvor auch noch nie passiert. Auch hier hatte ich wieder Glück im Unglück, dass dieses Problem gerade dort und nicht irgendwo im Schilf aufgetreten war. So konnte ich nämlich keinen Meter mehr fahren. Während ich im Internet nach einer Werkstatt suchte, hielt ein gut ausgerüsteter Velofahrer neben mir an und begutachtete den entstandenen Schaden. Er meinte, dass 3 Kilometer entfernt ein kompetentes Fahrradgeschäft zu finden sei. Zudem fragte er, ob ich ein Seil dabei hätte, damit er mich bis dorthin ziehen könne. Das hatte ich tatsächlich.
Wenig später war die mitgenommene kleine Spanngurte an seinem Sattel montiert und ich hielt mich mit der linken Hand am anderen Ende fest. Es fühlte sich ein wenig an, wie einen Hund an der Leine zu haben. So ging die Fahrt dann 3 Kilometer durch die Stadt, wobei uns die vielen Passanten mit verwunderten Blicken nachschauten.
Wenig später betrat ich das erstklassig wirkende Geschäft. Man konnte dort das kaputte Stück aber nicht 1:1 ersetzen. So tauschten sie das vordere Zahnrad durch ein kleineres Modell aus und die Kette musste gekürzt werden. Dies würde nun zur Folge haben, dass mein grösster bis anhin rege genutzter Gang nicht mehr ganz so gross sein würde. Dies war nicht optimal, aber Hauptsache, ich konnte wieder fahren.
Mit neuem Zahnrad ging es nun hinein ins Stadtzentrum. Dort sollte ich einen Kollegen treffen. 8 Tage zuvor hatte ich nämlich bei einem Tankstellenshop einen Töfffahrer kennen gelernt, mit dem ich die Nummern getauscht hatte. Diese Begegnung war mir unspektakulär erschienen, sodass ich sie im Bericht nicht erwähnt hatte. Doch er hatte mir ein paar Tage darauf geschrieben und mich zu sich nach Hause eingeladen. So hatte ich meine Route markant abgeändert, um seinem Angebot Folge leisten zu können.
Nun traf ich ihn also 1’100 Kilometer später wieder. Mit seinem Auto fuhr er voraus und ich folgte ihm bis zu seinem Haus. Bei der Garage hatte es ein Gästezimmer mit Bad, wo ich für diese Nacht unterkommen konnte. Ich hatte es mir zwar schon ein wenig luxuriöser vorgestellt, als neben den Autos im Keller auf einem billigen und unbequem aussehenden Klappbett nächtigen zu müssen. Doch dies war ja gebührenfrei und daher durfte ich nicht herum flennen.
Später fuhren wir mit seinem Auto in die Stadt. Dort lud er mich auf eine Runde Tacos ein. Hamburger wäre mir zwar lieber gewesen, aber Morgen war ja auch noch ein Tag. Mein Spanisch kratzte mal wieder am Limit, doch irgendwie ging es mit der Verständigung auch ohne Englisch-Kenntnisse seinerseits. Ich brachte in Erfahrung, dass der Mann 2 Kinder hatte, als Rechtsanwalt gearbeitet hatte, nun im Ruhestand war und ab und zu Touren mit seinem Töff unternahm.
Um 19:30 Uhr war ich dann schon in meinem Kämmerchen und da ich müde war, legte ich mich schon bald auf die unbequeme Pritsche.
Jesús Abadía Gutiérrez - Tuxtla Gutiérrez (90km)
Tag 30
Schon um 6:00 Uhr sass ich im Pickup von meinem netten Gastgeber. Mein und sein Velo hatten wir zuvor auf die kleine Ladebrücke geworfen. Wir fuhren quer durch die Stadt bis an den Fuss einer Hügelkette. In der Morgendämmerung machten wir uns dann an den Aufstieg. Er wollte mir nämlich den berühmten Canyon zeigen und sich selbst auch mal wieder sportlich betätigen. Um diesen Canyon zu sehen, mussten wir aber zuerst 17.5 Kilometer und 700 Höhenmeter zurücklegen. Eine anstrengende Angelegenheit. Er fuhr aber wacker voraus und ich staunte dabei über seine Fitness. 2 Stunden später waren wir dann oben angelangt.
Tatsächlich bot sich uns eine eindrückliche Aussicht auf die Felswände und den Fluss, welcher sich ganz tief unten in den Stein gefressen hatte.
Wir waren aber bei weitem nicht die einzigen Velofahrer dort oben und daher konnten noch gegenseitige und auch gemeinsame Fotos gemacht werden.
Um 11:00 Uhr waren wir dann wieder zurück bei seinem Haus. Eine halbe Stunde später verabschiedete ich mich vom neu gewonnenen Freund und machte mich auf den Weg in Richtung Guatemala.
Meine heutige Zielstadt lag fast 2 Höhenkilometer oberhalb von Tuxtla Gutiérrez, so lag ein harter Nachmittag vor mir. Glücklicherweise hatte ich einen überladenen Lastwagen zu fassen bekommen und konnte mich über 15 Kilometer mitziehen lassen. Meine ehrgeizige Seit hatte zwar ein wenig ein schlechtes Gewissen bei diesem Unterfangen, aber solch eine Gelegenheit hatte ich mir einfach nicht entgehen lassen können.
An diesem frischen Sonntagabend erreichte ich kurz vor 18:00 Uhr die Tages-Zielstadt. Burger, ein nettes Hotel und einen Fernsehabend erwarteten mich. So gefällts.
Tuxtla Gutiérrez- San Cristóbal de las Casas (60Km) + (Fahrt an den Canyon: 35Km)
Tag 31
Kurz vor 9:00 Uhr verliess ich San Cristóbal bei kühlen Temperaturen von gerade einmal 12 Grad. Ich staunte mal wieder über die Vegetation. Das Landschaftsbild war geprägt von Föhren und Laubbäumen.
Mexiko besass wirklich eine grosse Palette von verschiedenen Gebieten, aber bei dieser enormen Grösse des Landes war dies eigentlich kein Wunder.
Am Mittag konnte ich einem heftigen Regenschauer glücklicherweise entfliehen, indem ich ein kleines Restaurant am Strassenrand besuchte. Restaurant tönt jetzt ein wenig zu gediegen. Eigentlich war es eher eine einfache Hütte mit Wellblechdach, einem Betonboden und ein paar Bretter darum herum. Es gab auch keine Speisekarte und nur wenige Gerichte. Doch eins bekam man fast immer in solchen Hütten und das war „Huevos con Jamon“ Eier mit Schinken. Eine neue Lieblingsspeise, welche ich mir in den letzten Tagen mindestens einmal pro Tag gegönnt hatte. Am heutigen Tage war dies auch schon die 3. Portion.
Nach diesem feinen Essen ging es weiter auf der Höhe von mehr oder weniger 2’000 Meter. Erst gegen Abend sank ich auf 600 M.ü.M. hinunter.
Es war schon eine Weile dunkel, als ich schliesslich den Grenzort Ciudad Cuauhtémoc erreichte. Die guatemaltekische Grenze war nun nur noch wenige Kilometer entfernt.
San Cristóbal de las Casas - Ciudad Cuauhtémoc (170Km)
Tag 32
Heute stand der Grenzübertritt an, was mich schon ein wenig nervös machte. Gemäss meinen Recherchen sollte zwar ein Übertritt an der Landesgrenze mit Impfung kein Problem sein, doch man konnte nie wissen. Der mexikanische Ausreisestempel bekam ich problemlos. Doch der Officer äusserte Zweifel daran, dass dies auf der guatemaltekischen Seite ebenfalls so reibungslos verlaufen würde. Auch meinte er, dass in der vergangenen Woche von guatemaltekischer Seite her sowieso an einigen Tagen der Grenzübergang komplett dicht gemacht worden war, um Bewegungen der Mafia einzudämmen. Keine guten Vorzeichen.
Bei den letzten Metern vor Guatemala fühlte es sich so an, als würde ich ans Ende der Welt fahren. Nebel, schwarze Aasgeier und eine grosse Müllhalde zu meiner Rechten prägten das Landschaftsbild.
Der Nebel wurde bald durch Sonnenschein abgelöst und ich hatte Glück. Alles lief gemäss Plan. Zuerst hatte ich zwar noch 20 Minuten warten müssen bis das Migrationsbüro öffnete, doch eine halbe Stunde später rollte ich dann mit guatemaltekischem Stempel im Pass weiter in Richtung Guatemala City. Eine weitere Hürde war geschafft.
Eine Strasse in schlechtem Zustand wand sich dann in einer engen Schlucht talaufwärts.
So ging es den ganzen Tag, bis ich schliesslich 1’000 Höhenmeter später in einem Hotel einchecken konnte.
Ciudad Cuauhtémoc - Huehuetenango (85Km)
Tag 33
In Guatemala schien es keinen flachen Kilometer zu geben. Die ersten 5 Stunden des Tages fuhr ich grösstenteils aufwärts bis auf eine Höhe von 2‘810 M.ü.M. Hier hatte ich gedacht nun definitiv den höchsten Punkt der Tour erreicht zu haben - doch falsch gedacht. Nachdem ich auf 2400 M.ü.M gesunken war, stieg das Terrain wieder bis auf sage und schreibe 3‘020 M.ü.M an! Ich war nun fast 900 Meter höher, als die Gotthardpasshöhe. Von Schnee oder Ähnlichem war aber auch hier weit und breit keine Spur. Es war zwar schon ein wenig kühl dort oben, doch es hatte noch immer grosse Bäume und alles war grün.
Die vielen Höhenmeter hatten mir an diesem Tag alles abverlangt. Es war schon stockdunkel, und ich war schon stock ko, als ich nach 14 Stunden Fahrt endlich ein Hotel ausfindig machen konnte.
Huehuetenango - Los Encuentros (135Km)
Tag 34
An diesem Tag spulte ich noch die verbleibenden 125 Kilometer ab bis nach Guatemala City. Auch an diesem Tag gab es keinen geraden Abschnitt, aber wenigstens sank das Gelände in der Tendenz.
In der Millionenmetropole Guatemala City angekommen ging es nicht etwa in ein 5- Sterne Hotel. Nein. Es ging zu einer Bäckerei. Dort sollte ich nämlich Veronica treffen.
Der Motorradfahrer, bei welchem ich 5 Tage zuvor genächtigt hatte, hatte damals die Eckdaten von mir und meiner Reise in einem Zentral-Amerika-Motorradfahrer-Gruppenchat geteilt. Veronica hatte dies gesehen und hatte mir darauf einen „place to stay“ in Guatemala City angeboten.
Ich wartete nicht lange in der Bäckerei, da kam auch schon eine blonde ca. 45-jährige Frau mit Luis Vuitton Tasche an meinen Tisch. Wenig später sass ich auf dem Beifahrersitz eines grossräumigen Automobils. Das Velo lag im Kofferraum. Sie wohnte ein wenig ausserhalb der Stadt und so fuhren wir 12 Kilometer, bis wir schliesslich einen Kontrollposten erreichten. Sie wohnte in einer „sicheren Siedlung“, welche umzäunt und bewacht war. Kurz darauf erreichten wir das Haus - Villa beschreibt es eigentlich besser.
Zuerst wurde mir ihre 85-jährige Mutter vorgestellt, was mein Herz höher schlagen liess, denn man glaubt es kaum - Lisl Büeler war in der Nähe von Thusis in Graubünden aufgewachsen. Wieder einmal schweizerdeutsche Worte wechseln zu können war einfach toll. Auch die Schwester von Veronica wohnte hier. Auch sie war Inhaberin eines Schweizer Passes konnte aber leider, wie auch Veronica, so gut wie kein Deutsch, dafür bestes Englisch.
Dieses Mal wurde mir kein Kämmerchen mit Notbett in der Garage zugewiesen. Nein. Diesmal bekam ich ein Zimmer mit Kingsize Bett darin. Auch konnte ich ihnen meine Klamotten zum Waschen geben. Diese benötigten dringendst mal wieder einen richtiger Waschgang. Meine Garderobe hatten nämlich einen solchen Verschmutzungsgrad erreicht, dass ein Bad in warmem Seifenwasser im Hotel-Lavabo nicht mehr ausreichte.
Um 17:30 Uhr sassen wir dann alle beisammen beim Nachtessen, welches vom hauseigenen Dienstmädchen gekocht worden war. Es war eine lustige Wohngemeinschaft. Die beiden Frauen waren geschieden und lebten seit 3 Monaten in diesem grossen Haus mit ihrer Mutter. Von Speis und Trank begleitet hatten wir einen super Abend zusammen. Veronica und ihre Schwester Erika amüsierten sich. Die für ihr Alter sehr fitte Mutter amüsierte sich ausserordentlich, aber ich amüsierte mich am meisten. Es war der Abend der Tour. Es fühlte sich an, wie nach Hause gekommen zu sein nach diesen 5 harten Wochen alleine weit weg von zu Hause.
Als um 20:00 Uhr schon alle zu Bett gingen, durfte ich mir im Fernsehzimmer auf einem grossen Flachbildfernseher noch einen Film auf Netflix reinziehen. Ein perfekter Ende des Abends.
Los Encuentros - Guatemala City (125 Km)
Tag 35
Der Tag startete mit einem grossen Frühstück, welches die Hausangestellte extra für mich zubereitet hatte. Danach ging es aber nicht wieder aufs Velo. Nein. Mit Veronica fuhr ich zurück zur Bäckerei, wo wir ihre Schwester und ihre Mutter aufgabeln wollten, welche schon den ganzen Morgen fleissig gebackt hatten. Nach einer kleinen Führung durch die Backstube, Vorstellung der Mitarbeiter und einem Stück Apfelkuchen ging die Fahrt zu viert weiter. Eine Stunde später erreichten wir Antigua, eine antike guatemaltekische Stadt. Wir schlenderten also zu viert durch die Strassen und ab und zu gab es mal ein Foto.
Mittagessen gab es nicht in irgendeinem heruntergekommenen Schuppen. Nein. Wir begaben uns ins beste Restaurant des Touristenstädtchens. So sassen wir also um 14:30 Uhr zusammen in einem ehemaligen Kloster am edel gedeckten Tisch und studierten die Speisekarten, während im Hintergrund ein wenig klassische Musik aus den Lautsprechern rieselte.
Das beste Essen der gesamten Reise wurde mir kurz darauf serviert. Filet mit ein wenig Gemüse, später ein Brownie mit Glace und zum Schluss noch eine heisse Schokolade. Ein teurer Spass und meine Visa-Karte dankte es mir, dass nicht sie die Bezahlung übernehmen musste.
Mit der fetten Benzinkutsche, welche sogar mit kugelsicheren Scheiben ausgestattet war, ging es dann wieder zurück. Eine wirklich gediegene Fahrt vor allem, weil top Musik aus den Lautsprechern des Wagens erklang. Kein Wunder, denn mein iPhone war mit der Anlage verbunden ;).
Auch an diesem Abend durfte ich mich wieder ins bequeme weisse Ecksofa fläzen und die gestochen scharfen Bilder auf dem Hightech-Gerät verfolgen. Mir ging es wirklich zu gut.
Guatemala City (0km)
Tag 36
Um 7:30 Uhr sass ich mit Veronica und ihrer Mutter am reich gedeckten Frühstückstisch. Frühstück im 5-Sterne Hotel war nichts dagegen. Nach diesem aussergewöhnlichen Morgenessen, hätte eigentlich die Verabschiedung kommen sollen, doch sie wollten mich nicht alleine auf die stark befahrene Autobahn lassen. Am liebsten hätten Sie mich an die 110 Kilometer entfernte Grenze gebracht, doch ich lehnte dankend ab. Die 12 Kilometer von der Bäckerei bis zu ihrem Haus zwei Tage zuvor, war schon mehr als genug ungeradelte Strecke gewesen.
Um 9:00 Uhr war ich wieder unterwegs. Die Taschen waren gefüllt mit diversen Leckereien aus der Bäckerei, Sandwiches und Ananas. Auf der Autobahn gab es dann keine kritischen Überholmanöver. Kein Wunder, denn ein weisser Toyota mit eingeschaltenem Pannenblinker tuckerte gemächlich hinter mir her. Ein Schweizer-Team eskortierte mich durch Guatemala. Nicht im Traum hätte ich gedacht, dass sich so etwas je ereignen würde.
Anfangs war die Rede gewesen von „ein paar Kilometern“, doch Sie wollten nicht mehr umdrehen. Gut für mich, denn so konnte ich die Mittagspause im bequemen und kühlen Auto verbringen.
Nach 110 Kilometer erreichte ich schliesslich das guatemaltekische Grenzgebäude. Auch der kugelsichere Schlitten parkierte neben dem heruntergekommenen Gebäude und Veronica und Frau Büeler stiegen nach der über 5 Stunden dauernden Fahrt aus dem Wagen. Unglaublich. Sie waren mir die ganze Zeit geduldig hinterher geschlichen.
Während ich mir den Stempel ins rote Büchlein drücken liess, kauften Sie mir noch Wasser und eine kalte Cola. Dann war definitiv die Zeit für den Abschied gekommen. Sie umarmten mich trotz meines vor Schweiss tropfenden Velotrikots und ich versuchte mich irgendwie für ihre grenzenlose Gastfreundschaft und Grosszügigkeit zu bedanken. Ich musste mich wirklich zusammen reissen, um es bei den feuchten Augen zu belassen. Danach stieg ich aufs Velo und fuhr aus Guatemala hinaus. Ich warf noch einen letzten Blick zurück, wo mir die Beiden zum Abschied zu winkten.
Nun ging es wieder alleine weiter ins gemäss vorausgegangenen Recherchen risikoreichste Land dieser Tour: El Salvador.
Ich überquerte den Grenzfluss und setzte meine Fahrt nach den reibungslos verlaufenen Einreiseformalitäten fort. Von der Grenze schaffte ich an diesem Nachmittag noch 50 Kilometer bis Santa Ana, wo ich mir eine heruntergekommene Unterkunft organisieren konnte. Es war ein krasser Gegensatz zu meinem Luxusleben am Tag zuvor.
Guatemala City - Santa Ana, El Salvador (160Km)
Tag 37
Ich spulte noch die verbleibenden 63 Kilometer nach San Salvador ab und erreichte schon um 9:50 Uhr das Luxushotel Barcelo.
Bei der Rezeption erkundigte ich mich gleich nach einem PCR-Test. Darum war ich überhaupt schon so früh in der Hauptstadt von El Salvador eingetrudelt. Doch ich musste erfahren, dass heute keine Tests gemacht würden, da Sonntag war. Pech für die Schnecken. Wenigstens durfte ich schon einchecken trotz der noch frühen Stunde. So genoss ich einen entspannten Tag im Luxuskomplex. Es war wieder einmal ein teurer Spass gewesen, aber zumindest hatte ich es zeitlich voll ausnutzen können.
Santa Ana, El Salvador- San Salvador (60Km)
Tag 38
Um 8:50 Uhr sass ich bereits in einer medizinischen Einrichtung.
Das ganze mit dem Corona Test hatte sich dank den guten Informationen des Hotels relativ einfach arrangieren lassen. 100 US-Dollar ärmer startete ich wenig später meine Fahrt. 140 Kilometer ging es über eine baufällige Bundesstrasse mit viel Verkehr. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichte ich schliesslich ein Hotel in der Stadt San Miguel.
San Salvador - Departamento San Miguel (140Km)
Tag 39
Bereits um 6:00 Uhr sass ich wieder im Sattel. 60 Kilometer hatte ich noch hinter mich bringen müssen, bevor ich das Zollgebäude erreichte. Die Ausreise aus El Salvador verlief kurz und schmerzlos. Die Einreise nach Honduras gestaltete sich dagegen äusserst mühsam und nervenaufreibend.
Es begann schon damit, dass im warmen Grenzgebäude viele Leute warteten und sich die wohlgenährten Grenzpolizisten, wie lahme Schnecken bewegten. Da ich noch über 90 Kilometer bis zu meiner Tageszielstadt vor mir hatte, regte mich das ineffiziente Handeln der Grenzbeamten tierisch auf. Zudem hatte ich mitbekommen, dass ich online noch irgend so ein Gesundheitsformular ausfüllen müsste. Doch das Problem war, dass ich mich bereits auf hondurassischem Territorium befand und Honduras lag nicht im inbegriffenen Sektor meines mobilen-Datenpakets von Salt. Da ich nicht pro MB intergalaktisch teure 15 Franken ausgeben wollte, trat ich schliesslich nach über einer halben Stunde Wartezeit ohne dieses, in meinen Augen völlig nutzlose, Dokument an den Schalter. Ich übergab Impfausweis und Pass. Als man mit einem Gerät meine Fingerabdrücke nahm, dachte ich schon, dass ich es geschafft hatte, doch zum Schluss fragte der Beamte, wo mein „documento de salud“ sei. Ich sagte „lo siento no lo tengo“. Auch versuchte ich zu erklären, dass ich keinen Netzwerkzugriff hätte und es darum nicht online ausfüllen könne. Er erzählte dann etwas von wegen, ich müsse zu irgend einem Haus gehen irgendwo, um dort irgendwie an genanntes Dokument zu kommen und danach müsse ich mit diesem Dokument wieder hierher zurück kommen. Ich hatte das Gesagte nicht wirklich verstanden und verliess daraufhin verärgert das Gebäude.
Für solch einen unnötigen Zirkus hatte ich nun echt keine Zeit, geschweige denn Nerven. Da die Kontrollen über die korrekte Abwicklung der Einreise lasch waren, setzte ich einfach meine Fahrt fort. Sehr wahrscheinlich war ich zwar noch nicht registriert und Stempel im Pass hatte ich auch noch keinen, doch das mir sowas von schnuppe. Zudem hatte ich in El Salvador ebenfalls weder einen Einreisestempel noch einen Ausreisestempel bekommen. Wenn es diese Glöne nicht fertig brachten mir einen Stempel in den Pass zu drücken, dann war das ihr Pech und nicht mein Problem. Mir war zwar bewusst, dass dieses Manöver bei der Ausreise massive Probleme wecken könnte. Aber was würden sie machen wollen? Mich an einer Ausreise hindern? - unwahrscheinlich, mich zurückschicken an den genannten Grenzübergang, um das ganze Prozedere nachzuholen? - noch unwahrscheinlicher, mich verhaften? - ausgeschlossen. Es würde sich zeigen und wenn alle Stricke reissen würden, müsste mir halt die Schweizer Botschaft mal wieder den Arsch retten.
Dank den unerwartet guten Strassen und dem nun endlich flacheren Terrain erreichte ich trotz schwüler Tropenluft beizeiten das zuvor gebuchte Hotel. Zum Abendessen verdrückte ich noch den 3. Burger an diesem Tag, bevor es auch schon wieder ab ins Nest ging.
Departamento San Miguel - Choluteca (150Km)
Tag 40
Nach 42 landschaftlich attraktiven Kilometern erreichte ich den nächsten Grenzposten. Ich hatte mich schon auf Probleme eingestellt. Und die gab es nun tatsächlich in grossem Umfang.
Als ich nach kurzer Wartezeit an die Reihe kam wurde mein Pass einmal, zweimal, dreimal durchgeblättert, doch der Einreisestempel war nicht zu finden - kein Wunder es war auch keiner drin. Dann wurde diskutiert, telefoniert und ich versuchte mich währenddessen irgendwie heraus zu reden, doch es ging mächtig schief.
Kurz darauf wurde ich ins Büro zitiert. Dort zeigte man mir die Möglichkeiten auf. Ich hatte die Optionen entweder an den 135 Kilometer entfernten Grenzübergang zurück zu kehren, um die korrekte Einreise nachzuholen oder ich konnte 208 US-Dollar Strafe zahlen. Ja, nun hatte ich das Geschenk!
Die Leute, die beim Grenzübergang herum lungerten und die Grenzgänger abzuzocken versuchten, kümmerten sich dann um mich. Sie berieten mich und meinten, ich solle keinesfalls so viel bezahlen und solle unbedingt die 2-stündige Fahrt zur anderen Grenze in Angriff nehmen.
Anderthalb Stunden später sass ich dann auf dem Beifahrersitz eines Kleinlastwagens. Die Abzocker hatten mir diese Mitfahrgelegenheit arrangieren können. Mein Velo hatte ich in der Hütte einer dieser Personen gelassen. Mir war zwar nicht ganz wohl bei der Sache gewesen, aber ich konnte es ja auch nicht mitnehmen.
Der 61-jährige Fahrer wirkte ein wenig seltsam auf mich. Als er eine kleine Glasflasche mit Rum hervorkramte, war dann auch klar warum. Nach dem Rum wurde auch noch eine Flasche Jägermeister geöffnet.
Es war eine kriminelle aber lustige Fahrt. Ab und zu nippte ich auch an der Flasche. Zu ein wenig Alkohol konnte ich bei all dem Stress nicht nein sagen.
Gut 2 Stunden später erreichten wir dann wieder den Grenzübergang, welchen ich am Vortag ein wenig leichtsinnig passiert hatte. Im Grenzgebäude wurde ich wieder zu diesem mysteriösen Haus geschickt. Glücklicherweise hatte ich dieses Gesundheitsformular am Vorabend noch nachträglich ausgefüllt. Als ich dieses Gebäude endlich gefunden hatte, wurde dann dieses Dokument inspiziert. Doch das Datum war vom Vortag. Ich müsse ein neues Formal ausfüllen, hiess es. Ich drehte nun definitiv am Rad und hatte Mühe mich zu beherrschen. So lief ich also zu Fuss wieder über den Grenzfluss, um in El Salvador das Mobile Netz anzapfen zu können. Doch bevor das Netz auf El Salvador wechselte, wurde ich schon von einem Grenzpolizisten aufgehalten.
Er wollte meinen Pass. Ich gab ihm den Pass und lief weiter. 100 Meter weiter hatte ich endlich wieder Zugriff auf das in meinem Salt-Datenpacket inbegriffene Netz. Doch beim erneuten Ausfüllen dieses Online-Formulars gab es wieder Probleme, da meine Emailadresse schon mal verwendet worden war. In diesem Moment drehte ich wirklich fast durch. Ich war hier in El Salvador ohne Pass, konnte dieses Scheiss-Formular nicht ausfüllen und mein Velo und mein Gepäck waren schon fast in Nicaragua.
In diesem Moment rief ich meinen Vater an. Doch da es in der Schweiz schon fast Mitternacht war, nahm natürlich niemand ab. So konsultierte ich meine nachtaktive Nachbarin. Kurz darauf wurde mein Vater auf der anderen Seite der Erde durch das Läuten der Klingel unseres Hauses geweckt. Dank seiner Emailadresse gelang es mir dann schliesslich ein neues Formular zu erstellen.
Beim Ausreisebüro von El Salvador konnte ich kurz darauf wieder meinen Pass abholen und über die Grenzbrücke nach Honduras spazieren. Danach ging es zügig. Im mysteriösen Häuschen bekam ich einen Zettel und beim Grenzgebäude erhielt ich dann im Tausch gegen diesen Zettel den Einreisestempel.
Wenig später sass ich dann erschöpft in einem Bus, welcher mich zurück in die Stadt bringen sollte, in welcher ich die letzte Nacht verbracht hatte. Der Bus war so eine alte Klapperkiste, dass er für die Strecke über 2 Stunden brauchte. So war es schon stockdunkel, als wir endlich dort eintrudelten. Busse fuhren zu dieser Stunde keine mehr. An die Grenze sowieso nicht. Zum guten Glück fand ich noch ein Sammeltaxi, welches mich für 25 USD die verbleibenden 45 Kilometer mitnahm.
Ohne weitere Komplikationen konnte ich mich im Grenzort wieder mit meinem Velo vereinen und den Ausreisestempel organisieren. Um 20:00 Uhr verliess ich dann endlich Honduras über den Grenzfluss.
Nun ging es ins Migrationsgebäude von Nicaragua. Ein Zirkus von anderem Ausmass folgte. Pass, Gesundheitsformular, Einreiseformular, Covid-Test, Covid-Test Kopie, Quittung der Bezahlung vom Covid-Test und Passkopie. All diese Dokumente musste ich vorzeigen. Ein Glück hatte ich alles dabei. Danach musste ich noch diverse Fragen beantworten. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Doch um 21:00 Uhr hatte ich den Stempel und konnte ein 5 Kilometer entferntes Hotel ansteuern.
Eine Lektion hatte ich an diesen Tag gelernt. Reise nicht in ein Land ein ohne einen Stempel zu bekommen! Aber aus Fehlern lernt man schliesslich und so schlimm war der Tag nun auch nicht gewesen.
Choluteca - Somotillo (55Km)
Tag 41
An diesem Tag musste ich wieder Strecke gutmachen. Darum fuhr ich schon um 5:00 Uhr weiter und trat kräftig in die Pedale. Ein unspektakulärer Tag folgte. Um 15:00 Uhr erreichte ich bereits die Hauptstadt Nicaraguas. In Managua tätigte ich noch Einkäufe und ging zum Coiffeur bevor ich den Tag gechillt in meinem Hotelzimmer ausklingen liess.
Somotillo - Managua (170Km)
Tag 42
An diesem Morgen traf ich das erste Mal auf dieser Reise einen anderen Tourenfahrer. Ein absoluter Profi seines Faches. Gegen ihn war ich ein blutiger Anfänger. Dieser kranke Siech war schon seit über 9 Jahren pausenlos auf Reisen und wie es schien war er schon in fast allen Ländern unterwegs gewesen, darunter sogar Libyen, Syrien oder Saudi-Arabien.
Schade, dass ich und der Türke nicht in die gleiche Richtung fahren mussten.
An diesem Nachmittag hielt ich bereits auf die nächste Landesgrenze zu. Je näher ich der Grenze kam, desto mehr Natur und weniger Verkehr hatte es um mich herum.
Es war schon dunkel, als ich das schöne moderne Migrationsgebäude von Nicaragua betrat. Nur gerade 3 Minuten hatte ich die angenehm kühle Luft im Gebäude geniessen können. Das war der Vorteil, wenn man die Grenzen am Abend passierte - es gab kaum Wartezeiten. Kurz darauf folgte eine unkomplizierte Einreise nach Costa Rica.
Im Grenzörtchen schnappte ich noch einen Znacht bevor ich weiter in die laue Nacht hinaus fuhr.
Managua - La Cruz (150 Km)
Tag 43
Nach einer feuchtwarmen Nacht im Zelt ging die Fahrt von Sonnenschein begleitet weiter bis zur Stadt Liberia.
Dort checkte ich in ein preiswertes Hostel ein. Da eine Nachbarin von mir in Liberia einen Sprachaustausch gemacht hatte, hatte Sie mir einen Kollegen vermitteln können, welcher mir am Nachmittag noch kurz die Stadt zeigte.
La Cruz - Liberia (60Km)
Tag 44
Um 6:00 Uhr war ich bereits wieder auf der Hauptstrasse. 103 Kilometer später traf ich dann bei der kleinen Ferienhütte von Merlin und Berenice ein. Sie hatten ebenfalls über den Motorradfahrer-Chat von mir erfahren, mich angeschrieben und eingeladen. Als ich ankam assen wir gemeinsam zu Mittag und plauderten ein wenig. Plaudern tönt jetzt ein wenig zu entspannt. Eigentlich war es eher ein höchst aufmerksames Zuhören meinerseits und danach ein angestrengtes Zusammenbasteln der Antwort. Aber es ging. Das Pauken der 2’500 spanischen Wörter vor der Reise zahlte sich einmal mehr aus.
Jedenfalls erfuhr ich dabei, dass ihre Tochter in der Schweiz studierte und die beiden daher einen Bezug hatten zur Schweiz und selbst auch schon mal dort waren. Dies war einer der Gründe warum sie mich überhaupt eingeladen hatten.
Am Nachmittag fuhren wir noch zum nahen Strand, bevor wir dann in einem einfachen Restaurant zu Nacht assen.
Liberia - Punta Morales (105Km)
Tag 45
Nach ausgedehntem Frühstück wurde um 10:00 Uhr noch ein Abschiedsfoto geschossen.
Darauf verabschiedete ich mich von den wirklich netten und zuvorkommenden Leuten. Den Rest des Tages fuhr ich grösstenteils im Regen. Eine erfrischende Angelegenheit mit dem einzigen Nachteil, dass keine Musik oder Hörspiele die Fahrt abrunden konnten. Der Tag endete in einem Hostel in Jaco, einem Touristenort mit schönem langen Sandstrand.
Punta Morales - Jacó (100Km)
Tag 46
Ich hatte zumindest gedacht, dass der Strand in Jacó schön gewesen wäre, doch als ich um 10:00 Uhr den Esterillo Este Beach erreichte, wusste ich was wirklich schön war. Ich kam an einen kilometerlangen Sandstrand mit Palmen im Hintergrund und keiner Menschenseele weit und breit.
Auf diesen Moment hatte ich die ganze Tour hingearbeitet. Jeden Tag in der heissen Wüste hatte ich mir in Gedanken vorgestellt, wie ich eines Tages an solch einem Traumstrand ein Bad nehmen würde, und nun war ich endlich dort angelangt.
4 Stunden blieb ich dort, bevor ich von schlechtem Wetter vertrieben wurde. Wieder einmal wurde ich voll verseicht und kam komplett durchnässt im zuvor gebuchten Hostel in Quepos an. Dort konnte ich sogar mal wieder mein Schweizerdeutsch auspacken und ein gemütlicher Abend war garantiert.
Jacó - Quepos (65Km)
Tag 47
Schon zur frühen Stunde machte ich mich zu Fuss auf den Weg zu einem nahen, kleinen und gemäss Google Maps, schwer zugänglichen Strand. Ein paar hundert Meter vor dem Ziel traf ich auf ein jüngeres amerikanisches Kollegen-Paar, welches, wie sich herausstellte, das gleiche Ziel ansteuerte.
Gemeinsam fuhren wir dann in ihrem Mietwagen hinunter in Richtung Strand. Die Fahrt hatte es in sich. Wir holperten durch den Jungel über eine steil bergab führende, unbefestigte Schotterpiste. Wir wurden durchgeschüttelt und das Auto gab zwischendurch ungesunde Geräusche von sich, wenn es mit der Bodenmitte den Weg küsste. Der 29-jährige Fahrer nahm es aber cool, während ich die Fahrt nur noch mit „ou shit“ und „ou hell“ kommentierte.
Als man wirklich nicht mehr weiterfahren konnte, kletterten wir zu Fuss über den kaum ersichtlichen Wanderweg die letzten paar Meter zum Strand hinunter.
Ein wirkliches Abenteuer, aber es hatte sich gelohnt. Als wir aus dem Regenwald heraustraten, befanden wir uns in einer kleinen Bucht mit herzigem einsamem Strand.
Dort war dann Chillen und Schwimmen angesagt. Letzteres war ein wenig gefährlich, wegen der vielen Felsen und hohen Wellen, aber so wurde einem wenigstens nicht langweilig. Die beiden Amerikaner wollten gegen 10:00 Uhr noch einen weiteren Strand besuchen und fragten, ob ich Sie vielleicht „joinen“ wolle.
Wenig später sassen wir im Mietwagen und fuhren die Schotterpiste wieder hinauf. Es war eine kriminelle Fahrt mit Spulen und wilden Lenkmanövern. Ich wunderte mich, dass der Nissan mit Zwei-Rad-Antrieb überhaupt noch fuhr. Doch es ging nicht lange, da kam ein zu steiler Abschnitt, wo die Räder nur noch durchdrehten. Ich hatte es bereits bei der Abfahrt gedacht, dass wir hier nicht mehr hochkommen könnten und dem war nun auch so. Glücklicherweise war es nicht mein Auto und daher auch nicht mein Problem, aber trotzdem liess ich sie nicht im Stich.
Wir hatten alles Mögliche versucht, doch schliesslich musste uns ihre Bed & Breakfast-Gastgeberin lokale Hilfe schicken. 4 Stunden später hatten wir dann das Fahrzeug nach schweisstreibenden Schiebearbeiten wieder auf Kurs bringen können.
Zum Glück hatte ich mich nicht aus dem Staub gemacht, denn es folgte ein wunderbar entspannter Nachmittag mit Aly und Marc.
Quepos (0Km)
Tag 48
An diesem Tag ging es in den Manuel Antonio Nationalpark. Ein Prachtstag. Blauer Himmel, weisse Sandstrände, Regenwald, lokale Tiere und blaues Meerwasser erfreuten mein Gemüt
Dies war mit Abstand der schönste Tag meiner Reise gewesen.
Quepos (0Km)
Tag 49
Nach 2 Pausentagen in Quepos setzte ich meine Fahrt fort. Das Ziel war nun nur noch 690 Kilometer entfernt. Nicht viel über alles hinweg gesehen. Doch entsprechen 690 Kilometer noch immer der Strecke von Zürich nach beispielsweise Prag.
Heute gönnte ich mir aber trotzdem nochmals einen Schoggi-Tag. Nur gut 60 Kilometer legte ich bis in den nächsten Touristenort Uvita zurück. Die Fahrt wurde einzig von Platten Nummer 10 gestört. In Uvita ging ich dann trotz grauem Standard-Nachmittags-Wetter noch den weltberühmten Strand besichtigen.
Quepos - Uvita (65Km)
Tag 50
Ich hatte mich ein wenig schlampig auf diese Etappe vorbereitet. Die Grenze zu Panama war noch 135 Kilometer entfernt und für die Einreise nach Panama brauchte ich einen Corona-Schnell-Test. Am Vorabend hatte ich noch bemerkt, dass das Labor an der Grenze am Sonntag geschlossen war. Da der Vorabend ein Freitag war, musste ich heute Samstag schon über die Grenze. Darum war heute schon um 2:50 Uhr Tagwache.
Doch als ich um 3:45 Uhr losfahren wollte, bemerkte ich den platten Hinterreifen. Äusserst mühsam, denn das Labor an der Grenze würde gemäss meinen Informationen um 15:00 Uhr schliessen und so war ich nun noch mehr im Stress. Als ich um 4:15 Uhr endlich starten konnte, fing es auch noch an zu regnen. Wirklich kein gediegener Start in den Tag. Doch das Unglück setzte sich nicht fort.
Ich versuchte möglichst zügig voran zu kommen, was mir auch gelang. So erreichte ich um 12:00 Uhr bereits das Grenzgebäude in Paso Canoas. Das Ganze war wirklich gut organisiert. Der Corona-Schnelltest konnte gleich neben dem Migrationsgebäude gemacht werden. Während dem Warten auf die Resultate, konnte ich schriftlich das Einreiseformular ausfüllen. Um 13:00 Uhr hatte ich dann auch schon den Stempel im Pass. Ich hatte es geschafft. Die 6. und damit letzte Landesgrenze auf dieser Reise wurde erfolgreich überschritten.
Als ich nach weiteren 55 Kilometer Fahrt endlich David erreichte, hätte ich mir das Duschen eigentlich sparen können. Es hatte nämlich den ganzen Nachmittag geregnet - ja teilweise sogar wie aus Eimern geschüttet und ich war immer noch nass bis auf die Knochen.
In dem komischen Hostel, in welchem 5 nervige Köter herumzigeunerten, kochte ich mir dann noch Penne, bevor ich mich erschöpft aufs Ohr legte.
Uvita - David (190Km)
Tag 51
Um 10:00 Uhr war ich froh endlich wieder von dem muffigen Hostel wegzukommen. Es schien mir eigentlich eher wie ein Flüchtlingsheim und nicht wie ein Hostel, denn am Morgen war noch eine ganze Gruppe Haitianer eingetrudelt. Diese Flüchtlinge waren auf der Durchreise und es war scheinbar bekannt, dass die Gastgeberin sie vergünstigt dort schlafen liess. Die Gastgeberin hatte mir am Vorabend auch berichtet, dass bei ihr viele Flüchtlinge vorbei kommen, welche mit dem Flugzeug über Brasilien und danach zu Fuss über den Darien (Wildnis zwischen Kolumbien und Panama) nach Panama und von dort weiter in Richtung USA unterwegs waren.
Auch an diesem Tag war es grösstenteils grau und am Nachmittag prasselten wieder unzählige Regentropfen auf die Strasse.
Zudem hatte ich mir noch Platten Nummer 12 eingefangen.
Gegen Abend waren meine Kleider immer noch durchnässt, als es erneut zu regnen begann. Das Blöde war, dass gemäss Google Maps auch kein Hotel in absehbarer Distanz zu finden sein würde. Bei Dunkelheit und Regen fuhr ich also planlos weiter auf der doppelspurigen Bundesstrasse. Eine mühsame Angelegenheit. Durch den ständigen kühlen Regen machte mir das rechte Knie zu schaffen und die Velolampe musste ich auch noch irgendwie in den Händen halten, da die Halterung am Lenker ja 3 Wochen zuvor abgebrochen war.
Um 21:00 Uhr lag ich dann im kleinen stickigen Zelt auf der klebrigen Luftmatratze. Alles war feucht. Eine unangenehme und miese Angelegenheit, doch schliesslich übermannte Müdigkeit diese Probleme und ich fiel in einen unruhigen Schlaf.
David - San Martín de Porres (125Km)
Tag 52
Um 7:00 Uhr war ich wieder zurück auf der Strasse. Der Morgen war noch einigermassen schön gewesen, aber am Nachmittag erwartete mich wieder strömender Regen. Zeitweise trommelte mir der Regen nur so ins Gesicht. Sogar die Autos hatten bei diesem starken Unwetter Probleme und fuhren grösstenteils mit halbierter Geschwindigkeit und Pannenblinker.
Bis am Abend regnete es praktisch durch. Der Gedanke daran nochmals eine höchst ungediegene Nacht im feuchten Zelt verbringen zu müssen, liess mich aber nicht nachlassen. So erreichte ich schliesslich froh und ko nach 180 Tageskilometern kurz vor Nachteinbruch die nächste grössere Siedlung Penonomé.
San Martín de Porres - Penonomé (180km)
Tag 53
Eigentlich hätte ich erst am Donnerstag in Panama City eintreffen wollen, doch da ich das Ganze nicht mehr unnötig in die Länge ziehen wollte, hatte sich die Idee herauskristallisiert schon heute Dienstags das Ziel anzustechen. Da ich bei Zeiten in der Zielstadt einfahren wollte, verliess ich das Hotel bereits um 3:45 Uhr.
Ein letztes Mal fuhr ich durch die Nacht. Ein letztes Mal trat ich in die Pedalen. Heute sollte der grosse Tag werden. Heute sollte ich nach über 7 Wochen Fahrt die Zielstadt endlich erreichen. Auf diesen Tag hatte ich so lange hingearbeitet und nun war es endlich so weit. Die finale Etappe nach Panama City stand bevor.
Äusserste Motivation wurde überschattet von Erschöpfung und aufgestauter Müdigkeit der letzten Tage. Körperlich hatte ich schon länger gewusst, dass ich es schaffen konnte, aber auf technischer Ebene hätten jederzeit noch Probleme auftreten können. Das Velo gab nämlich schon länger ungesunde Geräusche von sich und ein grosser Service war längst überfällig. Ich war mir aber sicher, dass es nun diese letzten paar Kilometer auch noch durchhalten würde.
Um 10:00 Uhr verblieben noch lediglich 50 Kilometer. Ich hatte es schon fast geschafft. „Jetzt einfach nicht schlapp machen“ sagte ich zu meinem Velo. Um 12:00 Uhr waren es dann nur noch gut 20 Kilometer. Das Ziel war nun zum Greifen nahe.
Kurz darauf stoppte ein unschön klingendes lautes Geräusch vom Getriebe meines Velos abrupt die Euphorie. Als ich nach unten schaute, sah ich die Kette welche lose um die Zahnräder herum hing. Sie war gerissen. Die Kette war doch tatsächlich gerissen. 20 verdammte Kilometer vor dem Ziel. Das durfte doch wirklich nicht wahr sein. Ich fluchte laut und verpasste meinem Velo ein paar Schläge.
Ich kam aber schnell wieder runter, als mir bewusst wurde, dass ich diese Panne eigentlich flicken können sollte mit meiner Ausrüstung. Ich hatte nämlich einen Kettennieter dabei. Auch ein Ersatz-Kettenglied, welches schon seit Jahren mit mir um die ganze Welt gereist war, aber bisher noch nie zum Einsatz gekommen war, befand sich irgendwo in den Tiefen meiner roten Taschen. Ich versuchte mich an die Erklärungen meines Velomechs zu erinnern. Neben der lärmigen dreispurigen Autobahn führte ich also in der Mittagshitze die Reparaturarbeiten aus.
Kurz darauf ging die Fahrt weiter. Ich trat aber nur vorsichtig in die Pedale, denn ich traute der reparierten Kette gar nicht. Um 13:00 Uhr überquerte ich den Panamakanal, welcher den Pazifik mit dem Atlantik verbindet über eine spektakuläre Brücke. Nun sah ich die Wolkenkratzer in der Ferne.
Als ich auf die Küstenstrasse abbog und die ersten Hochhäuser passiert hatte, realisierte ich, dass ich es geschafft hatte. Panama City wurde erfolgreich angesteuert. Eine Welle von Glück, Stolz und Euphorie überrollte mich. 51 Tage waren seit dem Start in Tijuana vergangen und 48 Tage davon war ich im Sattel gesessen. Eine Strecke von 6‘230 Kilometer hatte ich erfolgreich gemeistert. Dabei war ich durch heisse Wüstenabschnitte, über kühle Berge, schönen Täler und feuchten Ebenen gefahren, über Schotterpisten, Strassen und Autobahnen und nun war ich am Ziel angekommen. Diverse Hürden hatte ich gemeistert, unzählige Stunden hatte ich auf die Zähne gebissen und tausende Franken hatte ich ausgegeben, um nun hier einfahren zu können. Ein unglaubliches Gefühl.
Wenig später checkte ich ins zuvor gebuchte Luxushotel ein. Ein nicht ganz günstiger Spass hier 4 Nächte zu bleiben, aber zum Abschluss dieser Reise lag das schon noch drin. Im Zimmer angekommen, durfte ich diverse Glückwünsche entgegen nehmen. Auf mein gesendetes Bild hatten nämlich nochmals alle Schlüsselfiguren der Reise reagiert. Ich bekam eine Nachrichten von Alberto, dem Typ mit der Steinsammlung, eine Nachricht von Ruben dem Mann, welcher noch spät Abends an meine Zimmertür geklopft hatte, eine Nachricht vom Töfffahrer, bei welchem ich neben der Garage hatte übernachten dürfen, eine Nachricht von Veronica, welche mich in Guatemala City wie einen König behandelt hatte, eine Nachricht von Merlin und Berenice, welche mich in Costa Rica beherbergt hatten und eine Nachricht von Marc, dem unerschrockenen Fahrer des Mietautos. Wirklich rührend. Der Tag endete mit einem entspannten Fernsehabend in meinem Hotelzimmer, von wo aus ich eine perfekte Sicht auf die diversen Wolkenkratzer der Stadt genoss.
Penome - Panama City (150 Km)
Tag 54
An diesem Tag stand faulenzen und Bericht überarbeiten auf dem Programm.
Tag 55
An diesem Tag war entspannen und Bericht überarbeiten angesagt.
Tag 56
An diesem Tag war chillen und Bericht überarbeiten zu meinem Tagesinhalt erklärt worden.
Tag 57
Nun waren meine Ferien schon fast zu Ende. Ich hatte mich so müde und schlapp gefühlt in den letzten Tagen, dass ich ausser einem Kinobesuch rein gar nichts unternommen hatte. So hatte ich aber genügend Zeit gehabt, um den teilweise hingepfuschten Text in einen anschaulichen Bericht zu verwandeln. Über 20 Stunden hatte ich darüber gesessen. Ich wollte die hohen Erwartungen der Leserschaft ja nicht enttäuschen.
Um 13:00 Uhr begab ich mich auf das allerletzte Teilstück dieser Tour. Nach den letzten 20 Kilometern erreichte ich schliesslich den Internationalen Flughafen von Panama City. Dort verpackte ich mein Velo sorgfältig. Danach sass ich den ganzen Nachmittag untätig herum, bevor ich am Abend den grossräumigen Vogel bestieg, welcher mich zurück nach Europa hätte bringen sollen. Die Betonung liegt auf hätte bringen sollen. Es gab nämlich irgendwelche technische Probleme, wie man uns sagte. Wir warteten eine Stunde, zwei Stunden und noch eine dritte Stunde. Danach kam über die Lautsprecher die Durchsage, dass die Probleme nicht gelöst werden könnten und wir wieder aussteigen müssten.
Panama City - PTY Airport (20km)
Tag 58
Ich war müde und wollte einfach nach Hause und war nicht wirklich in Stimmung für solche Komplikationen. Damit war ich aber nicht alleine. Bis 1:00 Uhr Nachts herrschte das reinste Chaos am Gate. Dann kamen endlich Infos zum weiteren Vorgehen. Man würde uns mit Bussen zu einem Hotel bringen, hiess es. Nachdem wir also wieder unser Gepäck gegriffen hatten und wieder den Ausreise-Checkpoint durchlaufen hatten, warteten wir in der sommerlich warmen Nacht auf den Transfer. Mit zwei kleinen Büsslein wurden dann die 300 Leute nach und nach zum Hotel gebracht. Das ganze dauerte ewig. Wenigstens traf ich mal wieder Schweizer-Landsleute und so gestaltete sich die fast 2-stündige Wartezeit kurzweilig. Ich und die beiden anderen Schweizer gehörten zu den Letzten, die im Hotel eintrafen. Dort war auch wieder Chaos und Warten angesagt. Um 4:30 Uhr konnte ich dann endlich mein nobles Gemach im 17. Stock betreten. Das geplante Nachtessen im Flieger war natürlich auch ins Wasser gefallen und so musste ich mit leerem Magen in die Federn kriechen.
Um 9:00 Uhr genehmigte ich mir dann zusammen mit den beiden Schweizern ein reichhaltiges Frühstück auf Kosten der Fluggesellschaft. Mittagessen um 14:00 Uhr war alles an Informationen, welche zur gegebenen Stunde verfügbar waren.
Beim Nachtessen herrschte immer noch Ungewissheit.
Um 21:15 Uhr entstand dann ein Tumult im Hotel. Uns hatte nämlich die kurzfristige Nachricht erreicht, dass wir noch heute Abend ausfliegen würden. Bis dann schliesslich wieder alle Personen am Flughafen waren und alle erneut eingecheckt hatten, verging natürlich eine halbe Ewigkeit.
Tag 59
Doch um 1:20 Uhr gaben die Triebwerke endlich Schub, und wir starteten unsere weite Reise über den grossen Teich. Währenddessen startete online mein allererstes Zoom-Meeting der ZHAW, an welchem ich somit leider nicht teilnehmen konnte.
Als wir knapp 10 Stunden später den Flughafen Madrid betraten, warteten glücklicherweise schon diverse Iberia-Mitarbeiter, welche sich um uns und die verpassten Anschlussflüge kümmerten. So erhielten ich und meine 2 Schweizer-Kollegen um 19:30 Uhr 3 Boardingpässe für den letzten Flug nach Zürich am heutigen Tag.
Um 22:30 Uhr landete ich dann endlich müde und erschöpft am Flughafen Zürich, wo mein Vater auf mich wartete.
Schlusswort
So endetet nach diesen 59 Reisetagen meine Zentral-Amerika-Tour. Es war ein interessantes horizonterweiterndes Projekt gewesen, bei dem ich viele nette Begegnungen machen durfte. Für die nächsten Jahre würde dies bestimmt das grösste Projekt bleiben, aber sicherlich nicht das letzte.Man dankt für die Lesung und hofft, der Text sei einigermassen angenehm und spannend gewesen. Ich freue mich über jede Rückmeldung! (auch Spenden für die Finanzierung dieser Website sind willkommen.)
Eckdaten der Reise:
Daten: 17.7.2021 - 13.9.2021
Reisetage: 59
Kilometer: 6‘250 Kilometer
Tagesschnitt: 130 Kilometer/Tag (exkl. Pausentage & Flughafentransfer)
Länder: Mexiko, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua, Costa Rica, Panama
Teuerste Unterkunft: 70 USD (Panama City)
Günstigste Unterkunft: 9 USD (muffiges Hostel)
Platte Reifen: 12
Gesamtkosten der Reise: +/- 5‘000 CHF (inkl. Flüge)
Gesamtkosten aller Flüge (inkl. Velo): 1250 CHF